Wein am Limit - Hendrik Thoma
30.08.2013 - Folge 130

Wachauer macht viel schöner blauer

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Weine im Video

Name des Weines Soulfaktor Preisspanne
2009 Blaufränkisch „Weinberg“
Soulfaktor 5
30-40 EurDetails
2012 Riesling „In der Wand“
Weingut Pichler-Krutzler, Wachau
Soulfaktor 4
20-30 Eur
2012 Grüner Veltliner „Wunderburg“
Weingut Pichler-Krutzler, Wachau
Soulfaktor 6
30- 40 Eur

Liebe WaLinauten,

der 2. Teil von meinem Österreichtrip. Dieses Mal aus dem berühmtesten Anbaugebiet des Landes. Die Wachau liegt an der Donau ca. 80 km flussaufwärts westlich von Wien und ist nur 1350 Hektar groß (klein). Hier trifft das warme Klima der ungarischen Steppe auf die kühlen Einflüsse der österreichischen Bergwälder. Die teilweise steilen terrassierten Urgesteinsböden lassen mich an die weltberühmten Lagen der Côte-Rotie südlich von Lyon denken. Ein malerischer Platz und eine der Keimzellen des „österreichischen Weinwunders“. Es ist eine der Renommierregionen, doch die Konkurrenz ist der Wachau dicht auf den Fersen und schläft schon lange nicht mehr. So manchen Wachauer Smaragd finde ich –und nicht nur ich- einfach zu fett und schwer. Zu häufig hatte ich in der Vergangenheit das Gefühl, dass es den Winzern mehr um Prestige und hohe internationale Bewertungen der Weinauguren gegangen ist, als um Frische und Finesse. Der Trend zu mastigen Weinen hat in den letzten Jahren zwar erfreulicherweise deutlich abgenommen, ist aber häufig immer noch die Realität.

Das Weingut Pichler-Krutzler verfolgt einen anderen Ansatz als viele Wachauer Topweingüter. Elisabeth und Erich keltern klare und definierte Weine mit dem erklärten Ziel, Trinkfluss zu erzeugen (wer die Basisvariante kennt, weiß was das heißt). Dabei verzichten sie bewusst auf Boytritis und lesen rechtzeitig reife, aber nicht überreife Trauben.

Beide haben das Stigma, aus renommierten Familien zu kommen und mussten sich erst einmal davon freirudern. Elisabeth ist die Tochter des berühmten Wachauer Urgestein F.X. Pichler und Erich stammt aus bestem Hause im Südburgenland. Die Krutzlers sind schon lange bekannt ihre legendären Rotweine aus der Sorte Blaufränkisch. Ihr junges Weingut gründeten sie 2006 und es bekam aufgrund der Vorgeschichte beider viel Aufmerksamkeit geschenkt.

Viel diskutiert wurde intern der mutige Schritt nicht in der hiesigen Vereinigung, der „Vinea Wachau“, vertreten zu sein. Diese Entscheidung ist nicht aus Trotz entstanden, wie einige Neider und böse Zungen unterstellen, sondern weil die beiden Charakterköpfe einen eigenen Weg gehen wollen. Die „Zuckerreife“ ist ihnen nicht so wichtig, wie perfekt ausgereiftes Lesegut und geringere Alkoholwerte.

Ich mag die präzise Art dieser Weine. Sie sind pures Trinkvergnügen und ein köstlicher Ausdruck ihrer Herkunft. Kein Powerstoff und dabei wunderbar konzentriert, bzw. eine facettenreiche klare Stilistik, die mit dem 2012er GV „Wunderburg“ Perfektion erreicht.

Aber auch die Rieslinge aus diesem Hause sind von einer feinen Subtilität geprägt und zeigen die Klasse, die ein Riesling aus der Wachau haben kann. Früher, vor dem Veltliner Boom, war es die am meisten geschätzte Rebsorte der Region. Der 2009 Blaufränkisch „Weinberg“ aus Erichs Heimat, dem Südburgenland, hätte wahrscheinlich eine perfekte Bewertung verdient. Wäre da nicht dieser hinterhältige schleichende Korkschmecker gewesen. Trotzdem ist dieser Stoff nationale Spitze und ein „Statement“ in den neuen, filigranen Dimensionen des Blaufränkisch. Eindrucksvoll!

Die beiden sind interessantes Paar wie die souveräne, aber immer auf dem „Teppich bleibende“ Gesprächsführung in diesem Video belegt. Ein Beweis dafür, dass sich der Charakter und die Vision des Winzers häufig im Wein wiederfinden. Die Pichler-Krutzler sind zwei stille, überlegt sprechende Visionäre einer neuen Winzergeneration mit eigenen Vorstellungen, die hart und vor allem mit sehr viel persönlichem Engagement an einer eigenen Handschrift arbeiten.

Wir halten bis zum „Durchbruch“ den Atem an und trinken vergnügt diese saftigen Weine.

Cheers,

Euer Hendrik

Kommentare

9 Kommentare zu “Folge 130 : Wachauer macht viel schöner blauer

  1. Meine Frage an euch, da aus eurer Homepage nicht ersichtlich, wie ist die Anbauweise? Naturnah, biologisch oder biodynamisch, so wie ihr euren Stil der Weine oder auch Philosophie beschreibt, kann es oder wird (sollte) es nur in eine Richtung gehen.

    1. Beim Weinhändler Lobenberg fand ich in der Weingutbeschreibung den Satz:
      „Die beiden Newcomer aus namhaften Häusern stehen für bedingungslose und nachhaltige Arbeit im Weinberg.“
      Mit der Google-Suche „nachhaltige Arbeit im Weinberg“ gibt es sehr detaillierte Infos dazu was darunter zu verstehen ist.

    2. Wir sind so naturnah wie es uns zur Zeit möglich ist – wir sind (noch) konventionell arbeitend mit Blickrichtung Biodynamie…Kurse werden von mir und einem meiner Traubenlieferanten seit über einem Jahr besucht. Wir haben aber nicht vor uns zertifizieren zu lassen und es wir auch nie am Etikett stehen. Eine Philosophie im Sinn einer stilistischen Vorstellung gib es nicht – wir sehen unsere Arbeit immer als in Entwicklung befindlich…viele Dinge geschehen einfach und sind nicht geplant.

      1. Danke für die ausführliche Antwort, genau das war meine Einschätzung,dass es in Richtung Biodynamie geht. Und das es eine Entwicklung braucht ist mir auch klar, denn so eine Umstellung soll schrittweise vollzogen werden und aus Überzeugung und nicht aus Vermarktungs Hintergrund. Darum ist die Zertifizierung nicht das entscheidende, sondern die richtige Einstellung dazu, was es bei mir den Eindruck hinterlassen hat.

  2. Dass sich Erich im Weinberg und im Keller wohler fühlt als vor der Cam ist ihm deutlich anzumerken…
    Inhaltlich entspricht die Haltung und die authentisch unverfälschte Stilistik der Weine exakt meinem persönlichen Anspruch und Geschmack an das Getränk Wein. Neben naturnahem Anbau ist vor alllem die Methodik im Keller hier stilprägend:
    Neben dem Vergären mit Umgebungshefen sind folgende Dinge von zentraler Bedeutung: Vergärtemp.>20C, gezielte Mostoxidation, Zeit: die Vergärung selbst erfolgt über mehrere Monate bis der Wein vollständig durchgegoren ist, er wird ohne Süßreserve gefüllt, eine Eigenschaft, die puristisch-elegante Weine erfordern uns dabei eine ganze Nation beglücken (F), anschließend langes Hefelager, beim Rotwein später BSA (oft erst im Frühjahr, der späte BSA im Holz ergibt ein anderes Ergebnis im Säuregerüst, übrigens eines der Geheimnisse des roten Burgunds, so auch zu finden bei Huber in D (Malterdingen), die andere Säure ist euch ja im Blaufränkisch besonders aufgefallen)…
    Es sind Vorreiter, deren Geschmack sich zunehmend durchsetzen wird und Kenner und Könner bereits begeistern. Für viele Weintrinker wie Erich sagt, einfach (noch) zu fordernd und vielleicht unverständlich, aber für erfahrene Gaumen eine Offenbarung, die niemals langweilt. Nicht von Österreich ist hier zu lernen, sondern von Winzern, die es verstanden haben eine maximale Natürlichkeit im Wein widerzuspiegeln und dabei den geschmacklichen Trinkfluss (nicht den Wirkungstrinkfluss) stets wahren. Auch in D gibt es sie! Hendrik, ich kenne es genau, wenn ein Wein dich so anfixt, dass du ihn trotz Kork leeren wirst…
    Cheers und weiter so

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