Wein am Limit - Hendrik Thoma
09.03.2014 - Folge 161

Sherry, Sherry Lady

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Weine im Video

Name des Weines Soulfaktor Preisspanne
Fino „Una Palma“
Gonzalez Byass, Jerez
Soulfaktor 5
10-20 Eur
Fino „Dos Palmas“
Gonzalez Byass, Jerez
Soulfaktor 4
10-20 Eur
Fino „Cuatro Palmas“
Gonzalez Byass, Jerez
Soulfaktor 6
10-20 Eur

Liebe Walinauten,

leider wird das Thema Sherry hierzulande auf ein sehr altbackenes Image reduziert. Hört man „Sherry“, erinnert man sich häufig an ein Kaffeekränzchen bei Oma, begleitet von einem süßem, klebrigen Geschmack im Mund.

In Wahrheit ist Sherry eines der zeitlosesten Getränke und ein formidabler Essenbegleiter, der nie an Aktualität verloren hat. Ein Wein, das sogar Jahrzehnte im Fass reifen kann. Die Ignoranz die er größtenteils in Deutschland erfährt, ist ein Beleg für unsere Schwarzweiß-Seherei in Sachen Wein. Wir reduzieren Sherry auf Langeweile. Dabei sind wir es selbst, die zuwenig Fantasie an den Tag legen. Es gibt in Deutschland nur wenige Plätze an denen Sherry so gelebt wird, wie es ihm zusteht. In den meisten Tapa Bars regiert der Standard und einige Sommeliers würdigen ihn zwar, haben aber nur begrenzte Kapazitäten ihn dauerhaft einzusetzen. Aber man kann den Kunden die Schuld nicht komplett in die Schuhe schieben, denn auch die Sherry Häuser haben einen langen selbstgefälligen Schlaf hinter sich. Saturiert und ambitionslos haben sich vor allem die großen Produzenten, in erster Linie auf das schnöde und lukrative Supermarktgeschäft konzentriert. Dabei haben sie bewusst den Imageverlust in Kauf genommen. Gier frisst eben Hirn.

Natürlich hat die Sherry Kultur in Spanien überlebt, aber sie wurde abgeschottet von den Exportmärkten gelebt. Der halbsüße Sherry (vor allem Amontillado) wurde exportiert, während die trockene Variante in Spanien ins Glas kam.

Interessanterweise sind es die jungen Leute in den großen Metropolen wie London und New York, die den Sherry für sich (wieder)entdecken. Sie lieben die Lässigkeit und Vielseitigkeit dieses Klassikers. Ein kommunikatives Getränk, das auch den Umsatz steigen lassen kann, wenn man weiß wie man ihn einsetzt.

In Deutschland gibt es zwei (mir bekannte) Plätze die dem Sherry einen besonderen Platz auf ihrer Weinkarte einräumen. Auf der Nordseeinsel Langeoog ist es Deutschlands Sherry Botschafter Michael Recktenwald im Hotel Strandeck www.strandeck.de und in Koblenz die Weinbar Gavino mit ihrem Geschäftsführer Marco Pusceddu, der heute mein Gast bei Wein am Limit ist.

Er hat drei gereifte Fino Sherry’s der Serie „Palma“ aus dem Hause Gonzalez Byass mitgebracht. In der Palma Serie werden vom Kellermeister ausgesuchte Fässer, die besondere Qualitäten zur Lagerung haben, abgefüllt. Nach Deutschland gelangen nur Minimengen dieser komplexen Tropfen. Je länger sie in der Solera, den aufgetürmten Fassreihen reifen, umso nussiger und reichhaltiger werden die Weine. Der Höhepunkt der Serie ist der „Quatros Palmas“ der über 30 Jahre im Fass reifte. Ein trockener Sherry mit einem Duft von Steinpilzfond, gerösteten Haselnüssen und brauner Butter. Der reichhaltige Geschmack bietet eine Wahnsinnsfrische und ist so intensiv, das er gefühlte 12 Stunden später noch auf der Zunge nachvollziehbar ist. Für mich ist es der perfekte Sherry zu dem spanischen Edelschinken „Pata Negra“ mit seinem nussigen Geschmack. Aber auch zu einem Steak, einer geschmorten Lammschulter oder einem exotischen Auberginenkompott ist dieses vielseitige Elixier ein absolutes Erlebnis.

Liebe WALinauten: bleibt einfach offen und genießt das Leben.

„In taste we trust“ oder habt einfach mehr Spaß im Glas,

Euer
Hendrik

Kommentare

20 Kommentare zu “Folge 161 : Sherry, Sherry Lady

  1. Ein paar kleine fachliche Korrekturen kann ich mir leider nicht verkneifen. Jerez de la Frontera liegt im Landesinneren, bei El Puerto de Santa Maria und Sanlucar de Barrameda handelt es sich um die Hafenstädte, die direkt am Meer liegen.
    Bei der Florhefe handelt es sich nicht um eine eigenständige Hefe, sondern um vier Hefestämme der Saccharomyceshefe, die für die Gärung der Grundweine verantwortlich ist. Nachdem, der Zucker in Alkohol umgewandelt ist, geht den Hefen ja die Nahrung aus, deswegen ändern sie salopp gesagt ihre Ernährung und machen sich auf die Suche nach Sauerstoff und den finden sie logischerweise an der Oberfläche des Weines. Ferner ernährt sie sich von Glycerin, flüchtigen Säuren und Zucker. Das Phänomen der Florhefe findet man nur in Jerez. Versuche damit in anderen Regionen zu experimentieren scheiterten komplett. Das liegt unter anderem an dem besonderen Klima in Jerez.
    Die Florhefe schützt den Wein vor Sauerstoff, so dass er „biologisch“ reifen kann – also genau das Gegenteil von der oxidativen Reife. Ein Fino reift übrigens IMMER biologisch! Vorgeschriebenes Mindestdurchschnittsalter sind zwei Jahre, fünf sind die Regel. Es handelt sich IMMER um einen Jahrgangsverschnitt, auch in diesem Fall. Auch bei der „Las Palmas“ Serie. Jahrgangssherrys gibt es auch – sie sind zwar selten, aber das ist dann immer und zwingend ein Olorosso. Die Florhefe lebt davon, dass immer wieder junger mit altem Weine assembliert wird. Mit zunehmender Reife wird die Florhefe allerdings immer dünner und genau das macht nämlich den „Una Palma“ aus, dass er nämlich einen ganz zarten oxidativen Touch hat – daher die nussigen Aromen. Und genau das setzt sich bei „Dos Palmas“ und „Tres Palmas“ weiter fort. Finos werden in der Regel sehr stark filtriert, geschwefelt und teilweise auch mit Stickstoff abgefüllt, damit sie länger haltbar sind und frisch schmecken, was Marco mit den Finos, die nur ein halbes Jahr „haltbar“ sind, meint wäre ein „Fino En Rama“, aber das ist ein anderes Thema. Bei dem „Cuatro Palmas“ handelt es sich nicht mehr um einen Fino, sondern um einen Amontillado, das heißt er reift erst biologisch als Fino und wird dann erneut aufgespritet und reift „traditionell“, sprich oxidativ weiter. 40 Jahre überlebt keine Florhefe, denn die Lebenserwartung der Florhefe hat nach spätestens 8 Jahren ihr Ende gefunden.
    Noch ein letztes Wort zu dem Namen der „Las Palmas“ Serie: Früher haben die Kellermeister in der Bodega die einzelnen Fässer, die als Fino heranreiften sollten mit einem Strich und jene, die „Traditionell“ zum Oloroso heranreiften mit einem großen „O“ gekennzeichnet. Und immer wenn die „Fino-Fässer“ probiert wurden, hat man einen kleinen Hacken an den Strich gemacht und nach einigen Jahren sah dann dieser Strich mit den ganzen Hacken wie eine Palme aus. Final, möchte ich gerne nur Eines sagen: Weinfreunde, trinkt mehr Sherry! Die Region hat sich in den letzten Jahren gesund geschrumpft. Standen 1978 noch über 30.000 ha unter Ertrag, sind es heute nur noch knappe 6.500 ha. Davon gehen übrigens 1.000 ha auf Gonzales Byass zurück, mit ihrem Fino „Tio Pepe“ liefert Gonzalez Byass DEN Marken-Fino schlechthin. Auch die anderen Sherrys der Bodega sind beeindruckend, unter anderem die Jahrgangssherrys und mit der „Las Palmas“ Serie bietet GB uns Sherryfreunden Sherrys an, die man lange suchen muss. Sie sind einfach nur imposant. Ich kann nur jedem raten, diese Range einmal zu probieren.

  2. Super Infomativ,auch die kleinen Korrekturen von Jan Wilhelm Buhrmann ! Ich mag Sherry sehr und habe auch immer gute Qualitäten gekauft,aber eigentlich nur als Aperitif eingesetzt.Ich werde mir den „Una Palma“ mal besorgen und ihn dann bewusst zu Antipasti und Serano probieren.

    1. Hi Marco, viel Spass beim Probieren. Wenn Du den Una Palma als Essensbegleiter probieren möchtest, habe ich noch ein paar Tipps für Dich: gesalzene Mandeln (da werden die salzigen Noten im Fino toll herausgespielt), Austern (eine nicht zu toppende Kombination – pure Meeresexplosion am Gaumen) oder wie wäre es mit geräuchertem Fisch, Aal beispielsweise? Auch die kurz gebratenen Padrons (kleine Paprika) mit ein wenig Sel Gris begleiten den Fino gut. Und ja zum Thema Sushi – Sushi und Sherry „schlagen sich nicht die Fresse ein“ wie im Video gesagt wird, sondern genau das Gegenteil ist der Fall – sie spazieren brav Hand in Hand. Zum einem passt Fino mit seinem salzigen Geschmack einfach immer gut zu Meeresfrüchten udn Fisch, zum anderen schafft er es die Schärfe vom Wasabi gekonnt zu puffern (eine viel bessere Alternative zum restsüßen Mosel-Kabinett) und wenn Du eine California-Roll hast, werden die zarten nussigen Komponenten schön in den Vordergrund gespielt. Viel Spass beim Probieren! salud

      1. @Jan: Warum zu asiatischen Gerichten gerne süßlicher und vielleicht auch noch fruchtig schmeckender Riesling empfohlen wird ist mir auch unklar, schmeckt mir so nicht. Salzig mag ich es auch nicht so sehr, die zum Sushi gereichte Soja-Sauce ist mir salzig genug. Ich denke der Geschmackssinn Umami wird schon durch den Aromen-Dreiklang von Soja-Sauce, Wasabi-Paste und eingelegte Ingwerscheibchen genug geweckt. Dazu passt für mich der einfache Gutsriesling von Peter Keller sehr gut. Es darf aber auch gerne ein anderer trockener Riesling sein. Das ist aber nur mein persönlicher Geschmack, ich lasse auch sonst meist Salz als zusätzliches Gewürz weg weil ich es nicht vermisse.

  3. Sherry is einfach ein geiles Zeug. Unter den Weinen ist dieses Getränk die Robusto bei den Cigarren; gemeinsam haben sie Folgendes: sie kommen beide sofort zur Sache.
    Das durch den langen oxidativen Ausbau gebildete Acetaldehyd geht eben sofort ins Großhirn, und sorgt ohne lästige Umwege für sofortige Wirkung,..was bei der Robusto durch Querschnitt und verkürzte Zuglänge erreicht wird…
    Soviel zu Analogien in der Genusswelt…

    Warum Sherry gut zu Sushi passt, liegt grundsätzlich beim Food-Pairing an der Kompatibilität der Proteeinstruktur des Essens und der im Getränk vorhandenen Enzymatik bzw. Struktur/Textur, die auch wieder eine Zusammensetzung von Aminosäuren bedeutet…
    Warum aber laut Sarde „die Abwesenheit von Beleuchtung im Keller der Bodegas“ positive Auswirkungen auf das Getränk haben soll, wo es doch ohnehin dunkel ist im Weinfass, stellt mich vor Rätsel.

    1. Hi Peer, coole Herleitung mit dem Sushi und Sherry und die Analogien zur Cigarre haben mir gut gefallen. Das mit dem Licht ist mir genauso neu, wie die Tatsache, die Fässer seien nur halb gefüllt und der Vergleich von Florhefe zu einem obergärigen Bier finde ich mehr als gewagt…Anyway, die Sherrys sind jedoch sensationell! cheers

    2. @Peer und Jan: Hab auf Wikipedia ein Bild von einem „lichtempfindlichen“ Fass gefunden:
      [http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:FLOR-ValdiviaJerez59.jpg]
      Das sieht mir aber eher nach einem Schaustück als nach einem Arbeitsgerät aus. Vielleicht weiß jemand ob das des Rätsels Lösung ist was Lichtempfindlichkeit angeht`?

      1. Reiner, du scheinst wirklich ein Meister der Recherche zu sein…, aber dieses Foto im Querschnitt dient eindeutig der Schaudarstellung… :-)

      2. @Peer und Jan: Ja, dachte ich mir. Wenn ich in die Suchzeile bei YouTube „Battonage“ eintippe, werden mir ebenfalls Weinfässer mit Plexiglasdeckel gezeigt. Das sind auch Schaustücke um den Wein in seinem Werdegang zeigen zu können.

  4. @Marco, jederzeit gerne @Rainer vielleicht traust Du Dich ja doch einmal an Sherry und Sushi :-)
    Übrigens wurde ein Restaurant und Sommelier mit einer sensationellen Sherrykarte (Sonderpreis bei der Besten Spanienkarte) noch nicht genannt: Zur alten Post in Bad Neuenahr mit Sebastian Bordthäuser.

  5. Vielleicht solltet Ihr mal zu einem echten Japaner gehen. Sushi ist eigentlich eine Art Fastfood um das wir in Deutschland so einen Kult machen. Wirklich gutes Sushi hab ich bisher nur in Düsseldorf, Frankfurt und Budapest gegessen. Japanische Küche ist wesentlich vielschichtiger. Übrigens paßt meiner Meinung nach Sake und Grüner Tee am besten. Dieses hier ein Sherry und da ein Riesling find ich ein bißchen nervig. Da sollte man doch so ehrlich sein und das ganze als Crossover-Küche bezeichnen. Halbtrockene Rieslinge würde ich nicht zur japanischen, sondern zu einer ganzen Reihe anderer asiatischer Gerichte trinken. Eben solche, die eine gewisse Schärfe haben.

    1. @Praterralle: vom japanischen Großmeister hat’s mich beinahe zerrissen so mörderscharf war das aus Unwissenheit von mir zu großzügig genutzte Wasabi. ;-/
      Fastfood ist Sushi doch in D längst, in jedem Supermarkt im Standardsortiment gelistet als frische Kühl- und gefrorene Tiefkühlvariante. Das von Edeka (Hausmarke) ist übrigens „supergeil“. ;-) Bier habe ich zum Sushi noch nicht getrunken, ein Radler mit Zitrone könnte ich mir allerdings vorstellen. Als Nachtrunk auch angenehm wäre für mich das sehr gute und nur zu Beginn etwas eigenwillige Schlenkerla Rauchbier Märzen (Bamberg). Das gibt es bundesweit im TrinkGut, hab mich in das Zeug irgendwie „verliebt“. ;-)

  6. Vielen Dank, Jan, für die Hinweise!

    Sherry bekommt durch dieses Video Aufmerksamkeit (meine zumindest) und einen neuen Stellenwert. Mal schauen, wo mir sowas im Handel begegnet.
    @Hendrik: „Forrest floor“: in einer der jüngeren WaL-Folgen fiel das Wort „sottobosco“- auch schön. #gemerkt

    Fragen zum Thema:
    – Bei welcher Temperatur werden diese Sherrys getrunken?
    – Folglich: wo bewahre ich sie auf? Im Kühlschrank oder bei Zimmertemperatur?
    – Wie lange hält eine angebrochene Flasche?

    @Praterralle: wo in Frankfurt?
    Früher war es mal das Sushimoto im damaligen Arabella Sheraton (heute Westin Grand).
    In Stuttgart empfehle ich das „I Love Sushi“ ‚für normal‘ und das „Sushi-Ya“ im Feinkost Böhm ‚für gut‘.

    1. Hi Fabian, schön, dass ich helfen konnte. Vielen Dank. Gerne möchte ich Dir noch Deine drei kleinen Fragen beantworten:

      – Temperatur
      Es kommt ganz auf den Sherry an: Die „leichteren“ biologisch gereiften Sherrys, also frische Finos und Manzanillas (so heißen die Finos aus der Hafenstadt Sanlucar de Barrameda) solltest Du am besten richtig gut gekühlt bei 6-8°C genießen. Gereiftere Finos wie ,“Una“ und „Dos Palmas“ verdienen ein paar Grad mehr, da empfiehlt sich übrigens auch ein größeres Glas. Und danach gilt je kräftiger der Sherry wird, desto wärmer darf er sein. Also „Cuatro Palmas“ ruhig bei 12 °C aus einem schönem Burgunderglas. Der Vollständigkeit halber noch ein paar Temperaturtipps, zu Sherrys, die hier nicht vorgestellt wurden: Olorosos (das sind die kräftigsten Sherrys, die komplett traditionell, sprich oxidativ reifen) bei 14 °C, die süßen Sherrys Pedro Ximènez und Moscatel solltest Du extrem kühl wie einen frischen Fino trinken, sonst wäre die Süße zu aufdringlich.

      – Aufbewahrung
      Am besten bewahrst Du Deine Sherrys stehend im Kühlschrank auf.

      – Haltbarkeit einer angebrochenen Flasche
      Fabian, danke für diese Steilvorlage. Also das kommt ganz auf den Sherry an. Finos und Manzanillas solltest Du zügig innerhalb einer Woche austrinken (das stellt aber auch kein Kunststück dar :-)) Und danach gilt je länger der Sherry oxidativ reifte, desto länger ist die angebrochene Flasche haltbar. ein Amontillado mittleren Alters kann unbeschadet zwei bis drei Monate geöffnet bleiben, ein Oloroso noch länger und die süßen teilweise bis zu einem Jahr.

      Nun also viel Spaß beim Sherrytrinken…salud

      Jan

      1. Hi Jan, herzlichen Dank für die Erläuterungen! Ich muss mal zu einem Sherry greifen, um Sherry zu begreifen! :-) Vor allem bei Fino & Manzanilla denke ich jetzt eher an Wein oder ein weinähnliches Getränk. Mal sehen, was der LEH so zu bieten hat.
        VG, Fabian

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