Wein am Limit - Hendrik Thoma
12.05.2012 - Folge 20

Heute geht es um die Wurst!

Weine im Video

Name des Weines Soulfaktor Preisspanne
2009 Saint Jean du Barroux ‚Grenache Microclimate
Philippe Gimel, Rhône
Soulfaktor 4
10-20 Eur
2010 Pinotage “Dorst & Consorten“
Stefan Dorst & Stefan Bietighofer, Pfalz
Soulfaktor 2
10-20 Eur

Axel Finger stammt aus Bielefeld in Ostwestfalen, meiner alten Heimat. Irgendwann habe ich bei Facebook seine Begeisterung für gute Wurst mitbekommen. Wir kamen ins Gespräch.

Daraus resultierte im Verlauf der Diskussion eine Einladung zu Wein am Limit. Ich habe gern passionierte Menschen wie Axel in meiner Weinshow zu Gast. Abgesehen davon finde ich die Kombination von fruchtbetonten, schweren Rotweinen zu einer Currywurst eine Herausforderung.

Axel hat mir einen Wein von den Hängen des Mont Ventoux mitgebracht. Er hat den Produzenten bei Facebook kennengelernt und ihn letzten Sommer auch besucht. Wer schon mal im südfranzösischen Luberon oder in der Provence bei Avignon war, kennt diesen mystisch erscheinenden Berg. Er ist auch Bestandteil einer der brutalsten Etappen der Tour de France. Der Mont Ventoux sorgt im Sommer für kühle Winde (vent = frz. für Wind), den Mistral, im heißen Rhône-Delta, und seine Hänge sind berühmt für ihr vielfältiges Mikroklima, das fast alle europäischen Klimazonen in sich vereint.

Der junge, ambitionierte Philippe Gimel selektiert am Mont Ventoux in 400 Metern Höhe seinen „Microclimate Grenache“. Das ist in dieser ziemlich kühlen Ecke des Luberon ungewöhnlich. Normalerweise kommt die hitzefeste Grenache Noir als Basis in die Blend. Doch im Ausnahmejahr 2009 entschied sich Gimel für einen reinsortigen Grenache. Die Voraussetzungen für eine extrem späte Lese waren perfekt, und es war trocken genug. Jedes Jahr wird ein anderer Wein „Microclimate“, und so bleibt es spannend bei diesem kleinen Garagenwinzer.

Der Wein strotzt nur so von alkoholischer Süße, Trockenpflaumen und Weihnachtsgewürz. Später entwickelt er an der Luft ein tolles Lavendelaroma. Ein Wein für die Karaffe, der nicht zu warm getrunken werden sollte. Er sollte besser einen Hauch kühler, bei 15Grad, ins Glas eingeschenkt werden. Dann schmeckt die Säure frischer, und der Wein wird nicht heiß am Gaumen. Eine echte Entdeckung für Liebhaber körperreicher Weine und eine tolle Alternative zu dem wesentlich teureren Châteauneuf-du-Pape.

Auf den 2010 Pinotage von „Dorst & Consorten“ hatte ich mich sehr gefreut. Er hat eine klasse Aufmachung und ist das Ergebnis eines ehrgeizigen, ambitionierten Projekts von guten Leuten. Die hitzefeste südafrikanische Pinotage-Rebe wurde vor einigen Jahren vom Pfälzer Winzer Stefan Bietighöfer zu Versuchszwecken angepflanzt. Von dem Stoff gibt es bisher auch nur ganze fünfhundert Flaschen. Sein Partner und Mentor ist der weitgereiste Pfälzer Stefan Dorst, der u. a. in Südafrika arbeitet. Auch dieser war Anfangs skeptisch, fand aber Gefallen an dem, was er vorfand.

Sie haben es versucht. Und wer weiß: vielleicht war 2010 auch zu kühl in der sonst ausreichend warmen Pfalz? Leider kann der Pinotage schnell einen pflanzlichen und gummi- oder asphaltartigen Duft entwickeln. Etwas von diesem Geruch ist auch hier zu spüren. Mir schmeckt Pinotage besonders gut, wenn er aus alten „Bushvines“ gekeltert wird und dann mit Stielen und Stängeln vergoren wurde (Kanonkop und Grangehurst sind meine Favoriten). Dieser hier ist trotzdem ein anständig bereiteter Wein, der sicherlich für Freaks dieser Rebsorte interessant sein dürfte. Doch mit den teilweise sehr langlebigen Weinen seiner Urheimat, die mich immer wieder mal überraschen, hat dieser Stoff nichts zu tun. Zu dünn und zu wenig Charakter und Dichte. Aber das bleibt, wie immer beim Weintrinken, reine Geschmacksache!

Kommentare

15 Kommentare zu “Folge 20 : Heute geht es um die Wurst!

  1. ha da muss ich wieder an das Ende eines lustige ABends bei Remigio denken – wo wir dann in der Curry Queen gelandet sind auf ein Absacker wurscht

  2. Ha ha,was für ein Zufall,hatten gestern Abend auch Currywurst.Allerdings mit einem Rioja von Londono,hat auch super gepasst.Currywurst und Wein,das geht ! Schönes Video.

  3. Bin glühender Weinliebhaber, doch zur Wurst würde ich grundsätzlich lieber Bier trinken. Die Deftigkeit und Salzigkeit von Wurst macht schließlich Durst, und der läßt sich nun mal am besten mit einem Pils oder Weißbier löschen.

  4. In Westfalen wird derzeit nicht nur der beste Fußball gespielt, sondern auch die beste Currywurst gemacht ( in Berlin klappt beides nicht so gut). Wie würdest Du eigentlich die Möglichkeit von Scheurebe oder Riesling mit Restsüße ( Auslese vielleicht ) zu einer Currywurst mit sehr guter Currymischung einschätzen?

  5. Heinz-Tomatenketchup auf die „Slow-Food-Wurst“. Das geht nun wirklich nicht. Wenn dann nur mit selbstgemachtem Ketchup! Herr Thoma, Sie haben doch eine Kochausbildung :-)

  6. Ich lebe in den USA und hab neulich einen 10 Jahre ‚alten‘ Pinot Noir aus Neuseeland (Felton Road 2001) mit zu meinem lieblings Dotdog Stand an der Ecke genommen (natuerlich in der brownbag;), die suesse und kraeftige Erdigkeit in dem Wein mit viel zu wenig Saeure war dann aber toll mit einer guten festen Wurst mit gegrillten Zwiebeln, Paprika und echt gutem Sauerkraut…! Einfach lecker und seit dem fragt er mich jedes Mal ob ich noch mal den Wein mitbringen kann, er hat nur Bier zuhause ;)

  7. Über die sogenannte Wurst-Expertise muss ich etwas schmunzeln ….
    Man kann sicherlich Jahre zubringen durch das Land zu reisen und ständig Currywürste zu essen – wenn der heilige Gral dann die Metzgerwurst aus dem Nachbardorf mit Heinz-Ketchup ist, muss man sich doch etwas wundern …
    Aber Wein am Limit will die Limits halt manchmal austesten…. :)

  8. Mein lieber Hendrik, ich habe mit viel Freude den Curry-Wurst-Clip gesehen, insbesondere wegen dem Pinotage von Dorst & Consorten. Als ich ihn mit Stefan Dorst gemeinsam verkostet habe, war ich anfangs ein wenig skeptisch. Der Vergleich mit Pinot Noir stimmt, passt vollkommen, aber muss Pinotage immer wuchtig und kräftig sein? Oder brigt er das Potential für einen eleganten Wein? Ich denke, dass Dorsts Pinotage es hier in der Verkostung einfach nur schwer hatte gegen die Currywurst und den kleinen Wuchtbrummer vorweg anzukommen. Übrigens habe ich die angebrochene Flasche nach der Verkostung mit Stefan im Kühlschrank vergessen und nach 9 Tagen dann wieder verkostet. Er stand nicht nur da wie eine 1, sondern hat sich immens gemausert. Vielleicht hast Du ja noch einen kleinen Rest in der Flasche…:-) cheers Jan

  9. Lieber Hendrik Thoma, das sind zuletzt interessante Folgen gewesen, lustig und mal was anderes. Ich würde mich aber freuen, wenn diese „Rand“-Themen eher die Ausnahme blieben und Du Dich nicht zu häufig vom Kernthema Wein entfernen würdest. Ich fände es beispielsweise mal interessant, wenn Du mal Weine aus der gleichen Lage von verschiedenen Winzern (z.B. von einem bekannterem/größeren und einem unbekannteren/kleineren Betrieb) vorstellen würdest – auch unter der Fragestellung, ob ein Preisunterschied nachvollziehbar ist.

  10. hallo henrik,
    ich hatte den 2010 dorst pinotage die letzten tage zusammen mit weiteren 25 pinotage aus südafrika. bin jetzt eben auf den bericht von dir gestossen, es wird übgrigens im kommenden sommelier-magazin ein kleiner bericht über pinotage sein. über ein feefdback dazu freue ich mich.
    ich glaube sollte erwähnen, dass pinotage in 3-4 differenten versionen produziert wird (traditionell, pinot noir stil, cafe-mokka-räucherspeck stil, moderner stil). die pinot version wird von den winzern der pinotage association ganz klar als logische folge eines der eltern des pinotage aber auch als gezielt gewollter stil angesehen und weiter vorangetrieben. grundsätzlich ist eine nicht zu heisse lage, null wasserstress & eine gärtemperatur unter 30°C die basis für diesen pinot noir pinotage stil. wobei er nicht die pinotage wurzeln verliert.
    zum dorst selber und hier schliesst sich der kreis wieder, weshalb ich diesen kommentar schreibe: dieser ist aus meiner sicht ganz klar ein pnp (pinot noir pinotage), somit aus meiner sicht nicht untypisch. dass er gegenüber dem traditionellen schweren & sehr dichtmaschigen typus leichter erscheint, dem ist absolut so. dünn mit zuwenig charakter kann ich nicht nachvollziehen. die von dir angesprochenen asphaltnote sehe ich als ein recht trypisches aroma eines eher traditionellen pinotages an. grünes hatte ich beim dorst nicht. aber wie du geschrieben hast, wein ist geschmackssache & das ist gut so!
    vinophile grüsse sigi

    1. Hallo Sigi, besten Dank für Deinen Input. Das ist gut zu wissen. Pinotage kann wunderbar sein. Ich erinnere mich an einen 1989 von Kanonkop aus Stellenbosch. Weltklasse. Leider hatte dieser Wein nicht dasselbe Format. Das war der unabhängige Eindruck von beiden Verkostern. Cheers!

  11. Oje, oje, Ich habe gerade den Preisliste von Gimel geguckt (hatte nie von dem gehört) und der „Micro-Climat“ kostet jetzt 30€ …die halbe Flasche ! :-).
    Limitierte Ernte, ok aber trotzdem. What the point ??!!
    Die spinnen die Franzosen spinnen letztlich…

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