Wein am Limit - Hendrik Thoma
02.08.2012 - Folge 41

Die Schwarze aus Avola!

Weine im Video

Name des Weines Soulfaktor Preisspanne
2011 SP 68 Nero d’Avola e Frappato
Ariana Occhipinti, Sizilien
Soulfaktor 4
10-20 Eur
2010 2010 Nero d’Avola „Rossojbleo“
Azienda Agricola Gulfi, Sizilien
Soulfaktor 3
10-20 Eur
2007 Due Normani Rosso
Guiseppe Paternó e Peter Vinding-Diers, Sizilien
Soulfaktor 5
10-20 Eur

Der 2. Teil über die Weine Siziliens handelt in erster Linie von der fröhlich-fruchtigen Nero d’Avola – der „Schwarzen aus Avola“, die als typisch sizilianisch gilt, obwohl sie es gar nicht ist. Die Nero ist ursprünglich ein kalabrisches Urgewächs, die vor einigen Jahren durch alkoholstarke, tiefdunkle, konzentrierte Rotweine – ganz im Sinne der damaligen Auffassung des amerikanischen Weinkritikers Robert Parker – hohe Benotungen bekam. Es waren die Weine, die Sizilien auf die Weinkarten vieler bekannter Restaurants brachten, nachdem der Ansturm auf die technischen, internationalen Rebsortenweine der ersten Generation vorbei war. Danach ist der Nero-Monsterwein-Boom etwas abgeebbt. Viele Winzer besinnen sich auf die eigentlichen Eigenschaften der Nero d’Avola. Es muss kein Obstkonzentrat mit Zimtgeschmack und Weinbrandaroma sein. Schließlich lässt sich ein hervorragend feiner, eleganter Saft aus ihr keltern.

Der SP 68 von Ariana Occhipinti (das Weingut liegt in Vittoria im Südosten Siziliens) entspricht dieser neuen, sehr begrüßenswerten Richtung aufs Trefflichste. Hier ergibt die Nero d‘Avola in einer Blend mit der leichten, rassigen Frappato einen fantastischen Rotwein: ein Duft von Weihnachten (in diesem Sommer kein Problem) und getrockneten Feigen, der an Amarone oder Zinfandel erinnert. Ein Gewürzbomber mit einer ganz saftig-frischen Trinkigkeit und köstlich weichem Mundgefühl. Das sind die Weine, die ich bei Wein am Limit zeigen möchte. Authentisch und frech.

Die Nero d’Avola mit dem fast unaussprechlichen Namen „Rossojbleo“ vom bekannten Weingut Gulfi ist dagegen eher Durchschnitt. Nicht schlecht, aber näher bei zwei Soulpunkten als bei drei. Sie hat eine schöne, klare Nase, aber leider ist der Stoff super kurz am Gaumen. Erinnert an einen Bodybuilder, der vergessen hat, die Beine zu trainieren. Ein solider, guter Wein zu einem fairen Preis.

Die Nummer drei der Runde stammt aus den Händen von Peter Vinding Diers. Peter ist Däne und lebt mit seiner englischen Frau seit einigen Jahren auf Sizilien. Er ist in der Weinwelt eine respektierte Persönlichkeit, der solche Granden wie das bordelaiser Château Rahoul oder Rustenberg Estate in Südafrika bekannt gemacht hat. Auch in der Royal Tokaji Wine Company, die er gemeinsam mit dem weltberühmten englischen Weinautor Hugh Johnson besaß, entstanden unter seiner Leitung legendäre Weine.

Heute ist er Partner mit dem Sizilianer Guiseppe Paternó, dessen Vorfahren auch normannischen Ursprungs waren, genau wie Peter selbst. In der hochklassigen Blend mit Syrah und Petit Verdot spielt die Nero d’Avola nur eine untergeordnete Rolle (im Folgejahrgang 2008 taucht sie gar nicht mehr auf). Ein fester, kühler Wein, der ein kräftiges Essen oder ein paar Jahre der weiteren Reife braucht. Fleischig, gerbstoffbetont, würzig, aber nicht hitzig gekocht, wie so viele moderne Weine aus Sizilien. Keine weichgespülte Trinkmarmelade, sondern seriöser Stoff, der so manchen Zweifler, wie auch mich, umgestimmt hat. Denn auf Sizilien lassen sich auch mit internationalen Rebsorten großartige, langlebige Weine keltern. Man muss es nur draufhaben!

Kommentare

21 Kommentare zu “Folge 41 : Die Schwarze aus Avola!

  1. Hallo Hendrik
    Occhipinti, einfach nur Klasse!
    Wenn es deine Zeit erlaubt, stell den Weinliebhabern doch den Grotte Alte und den Siccagno vor, die finde ich grandios, gehören für mich zu den „ehrlichsten“ Rotweinen Italiens.
    Liebe Grüsse aus der Schweiz

  2. Hallo, Hendrik!

    Danke für das schöne und informative Video, sehr gute Beschreibungen, so kann ich mir gut vorstellen wie die vorgestellten Weine schmecken. Zu folgenden 3 Stellen in Deinem gesprochenen Kommentar möchte ich von Dir wissen was Du gemeint hast.

    01:07 = sinngemäß – „Biodynamie bedeutet Verzicht auf Schwefel“
    Versprecher? Google meint: Im biodynamischen Weinbau werden Kupfer und Schwefel eingesetzt aber auf ein Minimum reduziert. In einem anderen Video sagst Du auch sinngemäß: „Schwefel ist für mich wie Händewaschen, eine Frage der Hygiene.“

    02:12 = „im Sinn von „dell“? Habe ich akustisch nicht verstanden, was ist gemeint?

    08:07 = „keine gekochte Marmelade“
    Gibt es tatsächlich bei der Weinherstellung ein Verfahren bei dem der Wein oder Traubensaft erhitzt wird um die Vergärung zu beschleunigen? Oder woher kommt der Geschmack von gekochter Marmelade?

    Danke für Aufklärung. :)

    1. Hallo Rainer,

      Bessere wäre gewesen: Biodynamie ist der Verzicht auf alle synthetischen Mittel wie Herbizide, Fungizide und Pestizide. Deswegen werden homöopathische Produket wie Baldrian und Brennnesseltee verwandt. Schwefel und Kupfer sind nach Ansicht der Biodynamiker natürliche Stoffe. Über die Verträglichkeit und Ansicht dieser beiden kann man sicher streiten. Vins Naturel sind ohne Schwefelbeigaben (ohne das es irgendwo ein genaues Manifest dazu gibt), aber trotzdem kommt Schwefel auf ganz natürlich Weise (durch Wurzeln und Gärung) hinein.

      Zu Marmelade habe ich im heutigen Video gerade Messias geschrieben. Enjoy. Hendrik

      1. Hallo, Hendrik, Homöopathie ist es wenn gleiches durch gleiches behandelt wird, Brennessel und Baldriantee sind meiner Meinung nach eher Mittel der Naturheilkunde und nicht der Homöopathie in der hochverdünnte Wirkstoffe verabreicht werden die für sich genommen ähnliche Symptome hervorrufen sollen wie die damit zu bekämpfende Krankheit.

        Was das natürliche Vorkommen von Schwefel angeht war mein erster Gedanke, dass davon ausgerechnet am Vulkankegel des Ätnas doch naturbedingt jede Menge vorhanden ist. Dem ist auch so wie hier beschrieben:
        http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/vulkanausbruch-aetna-hat-sich-wieder-beruhigt-180956.html
        „Nach Angaben italienischer Forscher ist durch den Ätna-Ausbruch extrem viel Schwefel in die Atmosphäre gelangt. Der Schwefel-Gehalt des aus dem Vulkan geschleuderten Staubs und der Gase sei zeitweise zwanzigmal höher als üblich gewesen. Schwefel gilt als Hauptursache des so genannten sauren Regens.“

        Wie kommt die „Marmelade“ in den Wein? Als „mameladig“ sind mir die beliebten Supermarktsweine aus Kalifornien bekannt und auch der Tetrapak-Wein aus Australien mit der Bezeichnung „Shiraz-Syrah „

        Der Winzer steuert das Geschmacksbild in die vom Markt gewünschte Richtung, folgendes fand ich dazu, sicher gibt es noch mehr und andere Möglichkeiten „Marmelade“ in die Flasche zu füllen, vermute ich.

        http://de.wikipedia.org/wiki/Weinherstellung#G.C3.A4rung
        Die meisten Winzer vergären Weißwein bei 15 bis 18 °C und Rotweine bei 22 bis 25 °C. Je länger die Gärung dauert, desto frischer und schlanker wirkt der Wein, umgekehrt wird der Wein kräftiger, wenn er bei höherer Temperatur vergoren wird. Dies ist auf die Gerb- und Aromastoffe, die Träger der Geschmacksstoffe, zurückzuführen, die bei höheren Temperaturen mit anderen Stoffen mehr reagieren und so zu einem kräftigeren Geschmack im Wein beitragen.

        http://de.wikipedia.org/wiki/Saign%C3%A9e
        Die Saignée ist gleichzeitig ein natürliches Verfahren, um dem Rotwein eine höhere Konzentration zu verleihen, da der Anteil der Farbstoffe und Tannine abgebenden Beerenhäute in der Maische steigt.

      1. Danke, hab mir die Stelle im Video noch mal angehört, könnte passen. Leider kenne ich Zinfandel nur als kalifornischen Marmeladenwein. Bei Wikipedia fand ich, dass er ursprünglich aus Italien stammt.

    2. Hallo Hendrik
      Du bekommst demnächste mal Weine von Murgo.it zugeschickt, das sind Freunde von mir. Das Weingut liegt am Etna und sie produzieren einen unglaublich guten Nerello Mascalese sowie Schaumweine (traditionelle Methode) aus dieser Sorte, Hammer sag ich Dir! LG aus der Schweiz, Miriam (Creavitis by Grischott, Agentur für Wein & Genuss)

  3. Hallo Hendrik,
    hat mir klasse gefallen. Marmeladenweine kann ich auch nicht ausstehen. Der Due Normanni klang schon sehr interessant. Apropos Marmelade. Erzählt nie der Schwester Eurer Freundin, dass Sie Supermarmelade kocht und man das Zeugs im Büro verticken könnte. Ich sitze zur Zeit auf 150 Gläsern österreichischer, selbstgemachter Marillen- (Translation Aprikosen) und Erdbeermarmelade. Das verschlingt Unmengen von Platz im Weinkeller. Santé aus Wien
    Ralf

    1. Im Marmeladenglas sind die selbstgemachten ja auch gut aufgehoben. Es geht nichts über handmade. Mich würde aber auch mal interessieren was einen Marmeladenwein nach Thoma ausmacht. Nach Zentis wird er bestimmt nicht wirklich schmecken. Lieber Hendrik, klärvdas doch mal auf.

      1. Moin Messias, extrem fruchtige, konzentrierte Weine mit alkoholgeschwängertem Duft. Austauschbare Konfektionsware die alles sein kann und mehr nach Obstsalat, als nach Vino schmeckt. Cheers, Hendrik

  4. Hallo Hendrik,
    finde deinen Blog wirklich Klasse!
    Du beschreibst die Weine gut und vor allem nachvollziehbar.
    Mich persönlich würde ja ein Video mit dem Thema „Sauternes“ interessieren. Nur so als Anregung.
    Gruß Felix

  5. Moin Master HT. Tolle Sendung! Etna fasziniert auch mich seit langem. Sehr lebendige, dynamische Weine. Allerdings ist Gulfi beispielsweise in Italien nicht so hoch gehandelt.. Ich kenne diesen Wein auch da ich ihn kürzlich erst getrunken habe, aber ich finde dass ist eher das rustikale Italien was man mal getrunken hat.. Hier noch ein Tip von mir in Sachen Sizilien: Maggio Vini und auch Serramarrocco. Und zu weißen vom Etna darf man eigentlich Benanti nicht vergessen zu erwähnen.. Die Weißweine sind auch na 20 Jahren noch Blütenfrisch!

  6. Hi Hendrik,
    ja „die Schwarze aus Avola“…. Eine Rebsorte die durchaus interessante Weine hervorbringen kann, aber halt auch teilweise im Supermarkt für 1,57€/lt verkauft wird. Dieser regelrechte „NdA-Hype“ hatte vor 3-4 Jahren seinen Höhepunkt, die Sorte wurde zur Zukunftssorte Süditaliens hochgejuelt usw. Ich denke aber, dass der tiefe Preis dieser Weine viel damit zu tun hatte.
    Ich bin und bleibe der festen Überzeugung; die Zukunft Süditaliens heißt AGLIANICO!!!

    LG Johannes

  7. Hallo Hendrik,

    ist Ariana Occhipinti die Schwester/Frau oder sonstwie verwandt mit Giusto Occhipinti von der Azienda Agricola COS? Habe nämlich vor kurzem eine komplette Sortimentsverkostung der COS-Weine durchgeführt und wirklich tolle Weine im Glas gehabt. Grade die NdA/Frappato-Cuvées sind echte, frische Wonnetropfen.

    Btw, das mit dem Soul-Faktor find ich persönlich gut und vor allem schlüssig da ich von Punkten, welche und von wem auch immer, nicht wirklich viel halte. Vor allem dann wenn auch noch ein + dahinter steht :-)

    Liebe Grüsse
    Leo

  8. Hallo Hendrik,
    bin nur mal neugierig.
    Was war in Min 4:28 los – da war ein Schnitt und irgendwie war Dein Statement über den Gulfi danach relativ kurz angebunden…bin ja von Dir gewohnt das Du es echt schaffst kontinuierlich durchzureden. Ist zwischendurch jemand vom Stuhl gefallen?
    Gruß
    Sirko

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