Wein am Limit - Hendrik Thoma
07.10.2012 - Folge 57

Lusitanien und die Atlantische Frische

Portugal ist schon seit einigen Jahren mein Steckenpferd. Ich hatte das Glück, seit Mitte der 90er Jahre zu sehen, wie die Qualität in diesem kleinen Land am Westzipfel Europas immer besser wurde.

Heute haben die Weine auch international ein Standing erreicht. Besonders im Fokus sind die trockenen Rotweine der Douro-Region, dem Grand Wine Canyon. Aber auch andere Regionen sind längst im Aufwind. Das besondere an Portugal ist, neben den unzähligen Mikroklimazonen und den 350 Rebsorten auch das ausgeprägte Traditionsbewusstsein.

Das Vinho-Verde-Gebiet gehört zu den wahren Aufsteigern der letzten Jahre. Früher schrieb man weder Jahrgang noch genaue Herkunft auf das Etikett. Die meisten waren süßlich, plump und nach einem halben Jahr bereits oxydiert. Heute werden die frischen, saftigen Weine mehr denn je geschätzt. Geprägt vom kühlen Atlantikklima, ist der grüne Norden ein Eldorado für die Herstellung finessenreicher Weine mit straffer Säure und knackiger Frucht (häufig mit einem Schuss Kohlensäure).

Die vierzigtausend Hektar umfassende Region hat neun Subzonen und somit gibt es große stilistische Unterschiede. Das gilt für den Vinho Verde. Die Quinta do Ameal befindet sich in der Zone um den Fluss Lima im Zentrum des Gebietes. Das Weingut ist eines der ältesten Gebäude im Land und stammt aus dem 10. Jahrhundert und ein Spezialist für den Loureiro.

Diese Sorte gehört zu den hochwertigsten Rebsorten des Vinho Verde. Traditionell war der Loureiro ein Teil der Blend mit der Trajadura und dem Alvarinho, der hochwertigsten Rebsorte. Heute findet man ihn immer häufiger als Solist. Es ist ein offenes Geheimnis, dass der Loureiro am besten in Nähe des Atlantiks gedeiht. Mittlerweile wird er im gesamten Vinho-Verde-Gebiet angebaut. Seinen Ursprung vermutet man im Flusstal des Lima, und der Name heißt übersetzt soviel wie Lorbeer, nach dessen Blüten er duften soll. Ich hatte letztes Jahr das Vergnügen, den roten Loureiro in Galizien, auf der spanischen Seite, kennen zu lernen. Ein Mutation, die einen säurebetonten, frischen, dunklen Rotwein ergibt.

Der Ameal ist ein knackiger, saftiger und knochentrockener Vino Verde mit dem typisch floral-apfeligen Duft des Loureiro, der in Richtung Zitrusblüten geht. Ein unkomplizierter, direkter Wein, der als 2010er in seiner Hochphase angekommen ist. Was soviel heißt wie: jetzt trinken und so gerade drei Soulpunkte. Am besten geht er zu Fisch- und Muschelgerichten.

Der Vinha Paz aus dem hochgelegenen Dao ist ein Knaller. Die noch jungen Weinstöcke, die auf harten Granitböden wachsen und das raue, kühle Klima ergeben einen prachtvollen, würzigen Rotwein mit gut eingebundener Eichenholznote.

Eine Blend aus Touriga Nacional, Alfrocheiro, Tinta Roriz und Jaen. Ein wilder, kräftiger Rotwein, der zeigt, welche Klasse sich im Dao keltern lässt. Denn lange Zeit war es still geworden um diese entlegene Region. Der Wein der hiesigen Kooperativen war grausam und rau. In den letzten Jahren hat das Dao einen großen Zuspruch erfahren, und es sind einige Investoren aufgebrochen um diesen önologischen Schatz zu heben. Der Ruf dieser haltbaren, geschätzten Weine ist wieder auf dem Weg nach oben.

Das Dourotal ist bereits etabliert und hat sich einen festen Platz in den oberen Charts der Weltweinlandschaft gesichert. Die Tradition für trockene Rotweine mit Klasse ist weniger als 20 Jahre alt. Es hat sich aber schnell in der Weinszene rumgesprochen, dass diese Weine großartig sein können. Voll, fruchtig und trotzdem mineralisch kühl (was von den Schieferböden stammt).

Der Meandro ist der Zweitwein von der berühmten Quinta do Vale Meao in der kleinsten Subzone des Dourotals, dem Douro Superior. Hier, an der Grenze zu Spanien, sind die Böden sandig und das Klima kontinental heiß. Lange Zeit kam von hier ein großer Teil der Blend für den berühmtesten und teuersten portugiesischen Rotwein, den „Barca Velha“ von Ferreira. Ende der 90er Jahre entschloss sich die Familie Olazabal eigene Wege zu gehen und gründete die Quinta Vale Meao an dieser wunderschönen Douroschleife. Der Meandro ist schon seit Jahren beständig einer der besten Werte des Dourotals. Er wird aus den jüngeren Rebstöcken und den Partien, die nicht die Qualität für den Ertswein erreichen, gekeltert. Er ist eine Blend aus 35 % Touriga Nacional, 30 % Touriga Franca, 25 % Tinta Roriz und 5 % Tinta Barroca und 5 % Sousao. Ausgebaut in gebrauchten, zwei- bis dreijährigen Barriques.

Das florale, an Veilchen und Holunderbeeren erinnernde Aroma der Touriga Nacional ist deutlich zu riechen. Man spürt die Hitze der Frucht, aber gleichzeitig auch ein kühle Frische und deutliche Gerbstoffe. Ein klasse Stoff mit Power und Kraft, der eindeutig in die kommende Herbstsaison passt. Für den Preis ein super Wert.

Weiterhin richtig viel Spaß im Glas bei Wein am Limit, und herzlichen Dank für eure Kommentare!

Euer Hendrik

Kommentare

13 Kommentare zu “Folge 57 : Lusitanien und die Atlantische Frische

  1. Für Weine aus Portugal haben Sie mich erst wieder mit dem milf und der lolita begeistern können. Zu oft habe ich oxidative, nach Rumtopf schmeckende und an Portwein erinnernde Kreszenzen im Glas gehabt, was überhaupt nicht mein Stil ist. Da zähle ich im Übrigen den von Ihnen erwähnten Fabelhaft von Nieport dazu. Ich hoffe daher, dass der hier vorgestellte Douro eher in die Richtung von milf und lolita gehen. Die Rebsorte touriga nacional hat es mir auch sehr angetan, da der Wein trotz Extraktreichtum immer eine frische Säure mit sich bringt.

  2. Hi Hendrik,

    super Sendung, hat mir sehr gefallen. Befasse mich mit portugisischen Weinen erst seit kurzem und den meandro durfte ich auch schon trinken. Hat mich sehr überzeugt, sehr intensiv aber trotzdem schöne Frische.

    P.S. alle fragen sich ja was die ganzen Kisten da machen, ich glaub ich habs herausgefunden. Hendrik Thoma`s Frau betreibt anscheinend ein Weinhandel namens Calistoga Wines und da gibt es genau die Weine die im Hintergrund stehen.

    LG Niklas

  3. Hallo Hendrik,
    portugiesische Weine hab ich erst hier in Wien näher kennen gelernt. Nach meinem ersten Bewerbungsgespräch bin ich nämlich gleich gegenüber in ein kleines portugiesisches Restaurant gegangen. Es war Liebe auf den ersten Blick und heißt A Barraca. Frisch zubereitete Spezialitäten ohne viele Fisematenten, sondern nur Qualität pur. Ein Drei-Mann-Frau -Betrieb. Ich wußte gar nicht, dass Portugiesen so viele Kartoffeln essen, ich dachte wir Piefkeswären da führend. Die Weinkarte ist erschwinglich und daher wurde im Laufe der Zeit alles durchprobiert. Vino Verde ist nicht so meins, aber die Dao-Weine find ich absolut Klasse. Auch die etwas schwereren aus Douro find ich gut. Sind halt sehr konzentriert, aber zur rosa gebratenen Lammkeule mit Piri-piri spitze. Man merkt schon, dass es Trauben für Portwein sind. Übrigens hat das Lokal mittlerweile eine Haube und man sollte viel Zeit mitbringen ( wenigstens 2-3 Stunden, Mittags wenigstens eine Stunde). Mittlerweile eigentlich mein Stammlokal für die Mittagspause und den Mittagswein. Übrigens find ich den Begriff Trinkigkeit immer noch unpassend. Santé Ralf

  4. Tolle Sendung mit tollen Weinen, aber ist da etwas bei der Bewertung schief gelaufen? Du sprichst bei den beiden Roten jeweils von 4 Soul-Punkten der Vinha Paz steht hier aber bei 5. :-)

    Wäre toll wenn du in naher Zukunft eine Sendung machen würdest die das Burgund als Hauptaugenmerk trägt, mit Weinen die einigermaßen ertragbare Preise haben. Ist so mein kleiner Wunsch für die Zukunft. :-)

    Dankeschön und weiter so!

    Grüße aus Stuttgart
    Cheers Marc

  5. Portugal habe ich auch erst recht spät für mich entdeckt, war dann aber sehr schnell überzeugt. Gerade die von Dir angesprochene Frische und die animierende Säure der Roten, wissen mich stets zu begeistern. Besonders angetan haben es mir allerdings die Weine aus der Baga Traube, von denen u.a. Luis Pato ein paar hervorragende Exemplare vinifiziert und die eine wirklich immense Lagerfähigkeit aufweisen. Hattest Du schon einmal Gelegenheit Luis Weine zu verkosten, Hendrik?

      1. Mal ne Frage Hendrik, kann man die Weine die deine Frau importiert auch als Endverbraucher erhalten oder es ist es nur auf Handel und Gastronomie ausgerichtet. Und wenn nicht wann öffnest du endlich ein Internet Wein Shop, in Deutschland Wein einzukaufen ist einfach in den meisten Städten und auch im Internet misserabel, wenn ich das mal mit UK vergleiche.

        LG

  6. Top Sendung/Thema ! Ich kenne portugiesischen Wein,dank eines kleinen Weinhändlers in meiner nähe,auch schon ein paar Jahre und mag sie sehr.

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