Wein am Limit - Hendrik Thoma
08.11.2012 - Folge 64

Frische Baby!

Weine im Video

Name des Weines Soulfaktor Preisspanne
2005 Tiara
Niepoort Vinhos, Tras-os-Montes
Soulfaktor 5
10-20 Eur
1993 Saarburger Rausch
Weingut Forstmeister Geltz-Ziliken, Saar
Soulfaktor 5
10-20 Eur
2008 Batuta
Niepoort Vinhos, Douro
Soulfaktor 6
10-20 Eur

Dirk van der Niepoort, Präsident des alteingesessenen Portshippers Niepoort, ist ein großer Visionär und eine Charakterfigur der portugiesischen Weinbranche. Bereits in den 90er Jahren experimentierte er mit trocken ausgebauten Weinen, die mehr als nur Tischwein sein sollten. Denn bis zu diesem Zeitpunkt war das Dourotal, der Grand Wine Canyon, nur für einen Wein bekannt: den Portwein.

Das sollte sich mit den internationalen Erfolgen, die sich für die trockenen Weine nach und nach einstellten, schlagartig ändern. Heute sind die Spitzenweine des Gebietes auf Augenhöhe mit den weltbesten Weinen. In ihrer kurzen, erfolgreichen Geschichte ist es in erster Linie Dirks Verdienst, dass diese Weine auf dem Radarschirm vieler Weinfreunde aufgetaucht sind. Seine Vision fand viele Nachahmer.

Das Terroir des Douros ist schroff und karg. Ein unwirklicher Ort aus Schiefer und Granit, der im Sommer von gnadenloser Hitze und im Winter von krasser Kälte geprägt ist. Dirk wählt für seine Weine mit Absicht kühlere, hohe Lagen aus. Diese genießen den Vorzug von kühlen Nächten. Dadurch bleiben Säure und Gerbstoff erhalten. Den Lesezeitpunkt wählt Dirk bewusst früh, um keine alkoholischen Monster zu bekommen. Mit dieser Stilistik konterkariert Dirk den so genannten Parker Stil.

Seine Weine muss man sich erschließen. Es sind keine Verkostungsweine, sondern zupackende tiefgründige Weine. Für Amateure wirken sie im ersten Moment etwas schroff, aber nach dem zweiten oder dritten Glas zeigen sie ihren ganzen Charme. Es sind Weine für den Tisch und vor allem hervorragende Essensbegleiter.

Der erste Wein, der 2005er Tiara (2004 war der erste Jahrgang), hat viel von einem gereiften Mosel-Riesling, ohne dass diese Rebsorte ihn ihm enthalten ist. Er ist ein gemischter Satz aus 15 Rebsorten (in erster Linie Codega) und alten hochgelegenen Weingärten, die bis zu 60-100 Jahre alt sind. Ich bin begeistert von der jugendlichen Frische, der feinen Textur und dem mineralischen Aroma. Der Wein ist auf dem Höhepunkt angekommen und hat sicher noch eine gute Zukunft. Jetzt befindet er sich in großartiger Form.

Die Saarburger Rausch Spätlese vom Traditionsbetrieb Geltz Ziliken ist ein Klassiker. Er wirkt fast trocken und hat eine herrliche kräuterige und nach schwarzen Johannisbeeren duftende Nase. Er schmeckt wunderbar abgerundet und ist voll entwickelt. Das besondere an ihm ist seine authentische Leichtigkeit. Leider tun sich viele Konsumenten mit dieser Richtung immer noch etwa schwer, dabei verkörpert sie eine der spielerischsten Varianten des Rieslings.

Der Batuta ist einer der Topweine von Niepoort Vinhos. Gekeltert wird er aus alten Rebanlagen von 70-100 Jahren (in erster Linie Tinta Amarela) und behutsam in französischem Eichenholz gereift. Ein wildwürziger Rotwein mit Graphit, Pfeffer und roten Früchten im Aroma. Es geht eine phantastische Tiefe von ihm aus, ohne dabei schwer zu sein. Er bleibt ein tolles, kühles und frisches Weinerlebnis. Man spürt deutlich die jungen Gerbstoffe und die saftige Säure am Gaumen. Dies macht ihn unglaublich animierend und trinkig. Das ist ganz großes Weinkino. Alle Komponenten wirken wunderbar ausgewogen und aufeinander abgestimmt. So stelle ich mir einen großen Wein vor, der auch ohne weiteres 25 Jahre weiter reifen kann. Selbst in diesem jugendlichen Stadium ist er schon köstlich.

Auf euer Wohl und ganz viel Spaß im Glas!

Kommentare

22 Kommentare zu “Folge 64 : Frische Baby!

  1. Vielen Dank für diese tolle Folge, für mich die beste bis jetzt.
    Eine Frage zu gereiften Weißweinen. Welche Komponenten außer Zucker und Alkohol bewirken, dass manche Weißweine bereits nach 2 Jahren nicht mehr ok sind und andere über Jahre sogar Jahrzente toll schmecken und sich entwickeln.
    Ich hoffe es gibt noch viele viele Folgen von WAL.

  2. Alle Daumen, die ich habe, gehen hoch! Danke für die tolle Sendung.

    Werde nach den Weinen Ausschau halten und hoffentlich mal drüber stolpern.

    Grüße, bitte weiter so!

  3. Danke Hendrik für die inforeiche Folge! Der Batuta ist immer zum heulen grandios ;-)
    Von dem Tiara konnte ich noch nie kosten. Muss ich anscheinend unbedingt nachgeholen. Bin schon gespannt …

    Gruss

    Chris

  4. Sympathischer geht es nicht mehr. Wunderbare Folge, den Batuta setzt ich mir auf meine „Wunschweinliste“ :-)

    Grüße nach Sylt, Hamburg und ins Douro. Weiter so!

  5. Das Thema, die Reifefähigkeit von Weinen zu erkennen, finde ich sehr wichtig und interessant. Wie wäre es mal mit einer Folge speziell dazu? Etwa durch die Verkostung mehrerer Jahrgänge eines Weins, um daran zu erläutern,woran man etwa in einer Probe des jungen Weins sein Reifepotenzial erkennen kann.

  6. Das Thema, die Reifefähigkeit von Weinen zu erkennen, finde ich sehr wichtig und interessant. Wie wäre es mal mit einer Folge speziell dazu? Etwa durch die Verkostung mehrerer Jahrgänge eines Weins, um daran zu erläutern,woran man etwa in einer Probe des jungen Weins sein Reifepotenzial erkennen kann.

  7. Ein sehr sympathischer Gast, auch wenn Sie ihm ständig ins Wort gefallen sind. Von seinen Weinen kenne ich bisher nur den Fabelhaft, für den ich mich nicht so sehr begeistern kann. Ich vertraue aber auf Ihr Urteil bei den hier vorgestellten Weinen und werde diese sicherlich demnächst einmal verkosten.

  8. Tolle Sendung, auch wenn das verbindende Element der Weine mir nicht so ganz klar wurde. Man braucht es aber auch nicht. endlich auch mal eine Werbung für gereifte Rieslinge – mehr davon auch im trockenen Bereich
    VG
    Stefan

  9. Die Sendung hat mir sehr gut gefallen. Sie trifft sozusagen den Kern meinen Geschmacks. Ich war in diesem Jahr am Douro unterwegs und hatte die Möglichkeit, einen fantastischen Tag mit seinen beiden Winemakern auf der Quinta de Napoles zu verbringen. Und ich finde erst dann, wenn man die Philosophie Niepoorts kennt, kann man diese Weine wirklich genießen und einordnen. Daher finde ich es gut, dass Du (wieder einmal) die Möglichkeit genutzt hast, ihn vor die Kamera zu bekommen. Aber auch ich hätte mir gewünscht, ihn öfter mal ausreden zu lassen. Wenn man solche Top- Produzenten zu Gast hat, könntest Du darauf verzichten, irgendwelche Basics zu vermitteln. Da darf man auch mal in die Tiefe driften.
    Wie auch immer…es bleibt sehr spannend bei Dir.

    Schönen Gruß,

    Bernd

  10. Ein Knallergast nach dem Anderen. Inzwischen gibt sich das Who is Who der Weinwelt bei Dir die Klinke in die Hand. Glückwunsch…
    Bisher kenne ich von Niepport nur den Fabelhaft und den Reserva davon. Der Batuta kommt auf jeden Fall auf meine ToDo-Liste. Der Saarburger Rausch gefällt mir auch ganz gut, wobei ich eher eher auf der trockenen Schiene zuhause bin. Aber dafür hat der Forstmeister ja seine GG, auf die ich schon gespannt bin. :-)
    Wann kommt eigentlich Egon Müller mal zu Besuch? Viele Grüße und weiter so…

  11. Chapeau ! Eine der besten Sendungen seit langem.Mit einem tollen Winzer dessen Portweine ich liebe.Von seinen normalen Weinen kenne ich eigentlich nur den Dauerrenner Fabelhaft,aber die Sendung hat mich neugierig gemacht und werde mir mal was aus seiner Kollektion besorgen.

  12. Was für ein Zufall!! ich hab gerade seinen Sohn über eine Studiums Kollegin von mir kennen gelernt. Jetzt ist das Interesse für Portugiesischen Wein aber nochmals deutlich gewachsen. kenne bis jetzt nur den Tiara vom Nieport.
    Ansonsten wie immer super Sendung weiter so!!

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