Wein am Limit - Hendrik Thoma
14.11.2012 - Folge 65

Eben Sadie - Big Vision Man!

Weine im Video

Name des Weines Soulfaktor Preisspanne
2011 T’Voetpad
Ouwingerdreeks, Eben Sadie
Soulfaktor 5
10-20 Eur
2011 Soldaat
Piekenierskloof, Ouwingerdreeks, Eben Sadie
Soulfaktor 5
10-20 Eur
2010 Columella
Sadie Family, Swartland
Soulfaktor 6
10-20 Eur

Eben Sadie ist einer der führenden Köpfe hinter der Vereinigung der Swartland (diese verdammte Autokorrektur! Nicht Swasiland wie im Opener) Independent Producers. Weitere Infos finden sich dazu im weiterführenden Link. Im Jahr 1999 verließ er seinen gutdotierten Job beim berühmten Weingut Fairview um eigene, neue Wege zu gehen. Viele Kollegen schüttelten damals den Kopf oder lächelten nur milde. Wie soll man mit 5000 Flaschen eine Familie ernähren können? Dazu in einer bis dahin gesichtslosen Region ohne Image.

Mit seinem 2000er Columella fand er schnell viel Beachtung und heimste über die Jahre hinweg die höchsten internationalen Bewertungen, die jemals ein südafrikanischer Wein bekommen hat, ein. Columella ist dem römischen Gelehrten Lucius Lunius Columella und seinem Werk ‚De re rustica’ gewidmet. Dieser erkannte schon vor über 2000 Jahren, dass die Weine, bei denen der Mensch am wenigsten seine Hände im Spiel hat, zu den Besten gehören und einem die größte Freude schenken.

Für Eben Sadie stand von Anfang an fest, einen besonderen Wein aus seiner Heimat, dem Swartland, zu keltern. Hierfür nimmt er Syrah, Mourvèdre und Grenache aus verschiedenen Parzellen von sehr unterschiedlichen Böden (Granit, Schiefer, Sandstein) und baut diese in einzelnen Partien behutsam in gebrauchtem französischem Eichenholz aus. Diese Form des Blendings war neu für Südafrika und erfordert ein hohes Maß an Kenntnis der Weinberge und ihrer Böden. Das Wissen für ihren Ausbau eignete er sich in Europa an, wo auf vielen Weingütern arbeitete. Mit Columella wollte Sadie dem mediterranen Vorbild folgen. Eine Komposition bringt in einem warmen Klima mit so unterschiedlichen Böden wie dem Swartland mehr Tiefe und Komplexität. Heute gehört Columella zu den Ikonen am Kap, vielleicht sogar der südlichen Hemisphäre. Er ist kein Blockbuster, sondern ein frischer kühler und langlebiger Wein. Der 2010er ist ein Biest, das noch viele Jahre vor sich hat. Nicht parfümiert vom Holz, sondern mit straffen Gerbstoffen ausgestattet. Darin findet sich ein konzentrierter, ausgewogener Geschmack wieder. Nichts für Freunde von Weinen jenseits der 15 Volt Klasse, sondern eher für Fans von mineralisch geprägten Weinen der nördlichen Rhône. Columella ist Weltklasse. Teuer, aber im direkten Vergleich mit anderen Weinen in dieser Liga geradezu ein Schnäppchen.

Im Jahr 2009 kam Eben Sadie mit einer neuen Serie auf dem Markt: den Ouwingerdreeks. Diese alten Parzellen sind das Vermächtnis der südafrikanischen Weinindustrie und ihrer 350 Jahre alten Geschichte. Lange Zeit fanden sie kaum Beachtung und mit ihnen will Sadie die Einzigartigkeit ihrer Herkunft präsentieren. Der Soldaat ist ein Grenache, die meistangebaute rote Rebsorte der Welt. Der Weinberg aus 60-80 Jahre alten Rebstöcken befindet sich auf 700 Meter Höhe mit heißen Tagen und kühlen Nächten. Der eigentümliche Name stammt von einem Pass, auf dem Soldaten zu dessen Schutz stationiert waren. Dieser helle Wein hat eine unglaubliche Intensität und Feinheit und erinnert etwas an einen großen Klassiker aus dem Châteauneuf-du-Pape, den Château Rayas. Der Soldaat hat einen berauschenden Gewürzduft, der von einem roten Fruchtaroma wie Erdbeeren und Himbeere begleitet wird. Im Geschmack hat er wenig kerniges, sondern eher seidige Tannine und eine saftige Säure. Dieser Wein braucht unbedingt Luft in der Karaffe. Diese Rebsorte hat schon so manchen ambitionierten Winzer zur Verzweiflung getrieben. Wenn richtig vinifiziert, ist sie, wie in diesem Fall, bei den besten Rebsorten der Welt dabei.

Der T’Voetpad ist ein sehr alter entlegener 1,4 Hektar großer Weinberg, der aus einem gemischten Satz besteht. Die Reben wurden zwischen 1900 und 1928 mit Semillon Blanc, Semillon Gris, Palomino, Chenin Blanc und Muscat d’Alessandrie gepflanzt. Hier ist die Reblaus nie hingekommen und aufgrund seiner Isolation wurde er weder bewässert noch mit irgendwelchen chemischen Mitteln bearbeitet. Sozusagen ist er „ungewollt“ nach biologischen Regeln bewirtschaftet worden.

Der Name „Fußweg“ stammt von der Weizen- und Rooisbos Farm, die heute Dirk Brand gehört und nördlich des Swartlandes in Küstennähe liegt. Dieser kompromisslos und minimalistisch vinifizierte Wein hat 13° Alkohol und eine wenig fruchtige Aromatik. Dafür hat er einen steinigen Charakter und ein klare Frische. Dieser Wein ist kein Verkostungswein für Blindproben, sondern ein finessenreicher Tropfen, der sich dem gängigen Geschmacksschema entzieht.

Diese beiden Weine stammen aus einer ganzen Serie von faszinierenden Gewächsen, die zeigen, dass die „Neue Welt“ manchmal gar nicht so neu ist. Toll, dass sich jemand wie Eben Sadie dieses spannenden Themas angenommen hat. Denn ohne eine Vergangenheit gibt es keine Zukunft. Cheers!

Kommentare

23 Kommentare zu “Folge 65 : Eben Sadie – Big Vision Man!

  1. Unglaublich, für mich absolut die inspierierenste Folge bisher. War schon immer ein Südafrika Fan und bleibe dies auch. Ich denke Swartland is sehr am kommen, hier in UK schon sehr in aller Munde und auch der Sequillo (auch von Eben Sadie) ist hier sehr weit verbreitet.

    Thanks

  2. Hallo Hendrik,
    Südafrika ist für mich eine sehr durchwachsene Sache. War für mich ein ideales Einsteigerland in den 80ern und 90ern mit Chardonnays und Cabernets. Finde jedoch einen Gemischten Satz mit 13,5% Alkohol überhaupt nicht als leicht und mineralisch. Da ich zur ersten interaktiven Weinverkostung krank war, konnte ich erst vor kurzem die Weine aus dem Paket probieren. Und der Südafrikaner war auch absolut nicht meine cup of tea. Ich halte das heute schon für eine interessante Sendung. Die Weine von Eben Sadie kenne ich noch nicht, werde diese doch probieren, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Muß jedoch sagen, dass es für mich in dieser Preisregion interessantere Weine aus Europa gibt.

  3. Eine neue Stilistik zeichnen diese Weine aus, die durch Frische und Eleganz begeistern.. Diese Weine stellen für mich momentan die avantgardistische Spitze einer neuen Winzergeneration dar , die auch eine neue Verkostungserfahrung bei Journalisten , Sommeliers voraussetzten. Es gelten neue Paramater zur Beurteilung dieser Weine . Der Geschmack der führenden Weingüter der Welt dreht sich und Eben Sadie ist einer der Führer dieser friedlichen Revoulution. Ich freue mich sehr auf die aktuellen Weine zum Verkosten…eine sehr persönliche und authentische Folge WAL.

    1. Mir ist das mit den neuen Parametern nicht ganz klar. Auch das Drehen des Geschmacks der führenden Weingüter find ich verwirrend. Entweder habe ich den Terroirgedanken oder den Gedanken an den Winemaker. Romanee Conti ( wie auch andere) ist an diesem Wechsel glaub ich nicht beteiligt, ebenso andere führende Winemaker auch nicht. Irgendwie finde ich dieses auf den Buschklopfen der angelsächsischen Weinerzeuger etwas nervig. Auch Penfolds hat hier nur einen gewissen Bonus. Weine haben auch immer mit der Küche zu tun. Da sind wir dann wieder bei den Weinerzeugern in Europa mit den hervoragenden Küchen. auch bei den deutschen Winzern, die Weingüter in Übersee gekauft haben, bevorzuge ich immer noch deren heimische Produkte. also ich denke, wenn ich einen Weißwein zum Fisch suche, bin ich in Deutschland oder Österreich gut aufgehoben, wenn ich einen Roten zum Fleisch suche, habe ich die besten Möglichkeiten in Europa.

      1. Es gibt ohne Frage phantastische Weine in Europa. Doch hinterm Horizont geht es weiter. Das Schubladendenken Alte vs. Neue Welt funktioniert heute so nicht mehr. Das ist 90er! Ich empfehle einfach offen zu bleiben. Damit bin ich bis jetzt sehr gut gefahren.

      2. Hallo Hendrik,
        was heißt hier alte und neue Welt. Habe in der letzten Zeit verstärkt rumänische Weine probiert. Dort gibt es seit Jahrhunderten Weinbau. Wenn man die neuen Weine probiert, orientieren diese sich rebtechnisch und von der Vinifizierung an den sogenannten Neue Weinweltländern. Neue Welt liegt also auch in Europa, zum Beispiel in Dänemark, wo mittlerweile interessante Rotweine produziert werden. Es ist auch kein Schubladendenken, was ich hier meinte. Immerhin hat mir der Penfoldsbericht sehr gut gefallen. Aber wenn ich hier von einer neuen Weinrevolution höre, welche neue Maßstäbe weltweit setzen soll, finde ich das schon diskussionswürdig. Mir ist es zum Beispiel bei einem renomierten fränkischen Weingut passiert, dass der 2009er Riesling Würzburger Abtsleite eine wunderbare Marillenfrucht hatte, der 2010er dann ein sehr salziger Wein war, der eigentlich nicht mehr als Franke zu erkennen war. Und diese Umstellung innerhalb eines Jahrgangs, dem Zeit-und Kritikergeschmack folgend war schon ein gewisses Trauma. In einer Zeit, in der man von Terroir spricht, einen so schnellen Wechsel aufgrund von vorgegebenen Geschmackswünschen durchzuführen, hat mich am Naturprodukt Wein zweifeln lassen. Natürlich muß man offen sein. Aber ist es sinnvoll als Weintrinker zuzuschauen, wenn Steillagen in deutschen Weinbaugebieten aufgegeben werden, weil der Anbau nicht mehr profitabel ist, bzw. weil 2018 der Weinbau in der EU liberalisiert werden soll und dann wieder auf der Ebene in ehemaligen Kartoffeläckern angebaut werden darf? Guter Wein ist nicht nur easy drinking, sondern sollte auch zum Nachdenken anregen.

  4. Die Folge gefiel mir sehr, weil sie Anlass gibt die eigenen „Trinkpfade“ einmal zu verlassen. Das letzte Mal war das hier bei Greywacke der Fall und ich habe es überhaupt nicht bereut. Ich empfinde die Länge der Folge gar nicht als Problem, allenfalls sind zu viele Themen in einer Folge und man könnte den einzelnen ausgeführten Aspekten des Gastes mehr Raum geben, weil es Spaß gemacht hat ihm zuzuhören.

  5. Das war wieder einmal eine animierende Folge – danke!
    Aber sag, welche Sonnencreme benutzt du? ;-)

    Aus Südafrika kenne ich bisher lediglich die Rotwein-Cuvée „Chocolate Block“ von Marc Kent, Boekenhoutskloof. Dieser Wein gefällt mir sehr.
    Inwieweit ist er denen von Eben ähnlich oder wie unterscheidet er sich von seinen Roten, Hendrik?

  6. Einfach mal nach „So erkennen Sie die besten Flaschen“ googeln,
    zeigt sehr schön wie schwer das sein kann sich überhaupt irgendwas auszusuchen wenn man die Qual der Wahl hat.

  7. Gerade bei Google gefunden:
    „Der Weinbau in Südafrika ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Südafrika. Er wird seit rund 300 Jahren betrieben. In Mitteleuropa wurden südafrikanische Weine erst am Ende der 1980er Jahre populär, da Südafrika vorher wegen der Apartheidpolitik Handelsbeschränkungen unterworfen war.“

    Insofern ist südafrikanischer Wein international gesehen dasselbe wie das Anbaugebiet Saale-Unstrut in Deutschland. ;)

    1. Andere Klimazone, andere Rebsorten und der Anbau von Wein wird auch in Saale-Unstrut ein paar Jahrhunderte länger betrieben. Kannste auch googlen, denn im Zuge der Christianisierung wurde versucht umgehend Wein ( z.B. für Messwein) anzubauen. Hier stand auch der Gedanke im Zentrum den heidnischen Bierkult ( gipfelte in dem mehrtägigen Bierfest , bei dem der Stamm kollektiv zugedröhnt war. Es gibt hier interessante Berichte in römischen Quellen), den die Germanen betrieben durch Weinbau zurückzudrängen. Bis zum 30jährigen Krieg wurde bis hinauf zur Ostsee Wein angebaut.

  8. Thank you Hendrik. I can´t really say that I have a favourite wine or wine region, but if I had to say it would be Columella as a wine and Swartland as a region. The passion of Eben to make this wine, the meticulous work in the vineyards to get character and minerality is for me inspiring and stunning. I admire his work – and will always – and I am on the hunt for any vintages of his wines. Thank God not everybody knows of the greatness of Ebens wines (just imagine the Chinese getting hysteric about Columella…). I am glad to follow all the next vintages of Eben, as he just goes on and every wine is a step further towards the ultimate expression od origin and culture.

  9. Lieber Hendrik, lieber Eben,
    vielen Dank, das war für mich eine außerordentlich gelungene Folge. Einerseits kannte ich Swartland als Weinanbauregion bisher gar nicht – auch weil mein Augenmerk und meine Nase sich gerade nicht auf Südafrika konzentrieren – andererseits fand ich es spannend zu hören, dass alte Weinberge im gemischten Satz angebaut und dann auch so vinifiziert werden. Das macht wirklich große Lust aufs Probieren. Besonders authentisch fand ich aber die die Aussagen von Eben, die eine ganz eigene Haltung auf sein Tun und seine „Weinheimat“ vermittelten. Alles in allem also eine sehr schöne Folge mit einem sehr interessanten und sympathischen Gast. Weiter so.

  10. Wunderbare Folge !! Ich folge den Südafrikaweinen schon seit den späten 80er Jahren und bewundere Eben Sadie für seine Visionen und deren Umsetzung … als Augenzwinkern ist schon zu bemerken dass er auf die Frage von Hendrik Thoma sagte der Wein hat nicht 14%alc. sondern 13,85% Eben ist halt ein Detailfreak !! Zu erwähnen ist aber auch dass sein Konzept mittlerweile viele junge Nachfolger findet und die Zukunft zeigen wird wohin der Wagen rollt denn alte Reben sind nicht alles und wilde Hefen gleich zweimal nicht auch andere Regionen in Südafrika können zu „Revoluzzern“ werden „Stellenbosch Revolution“ ;-)
    Die Weine haben ihren Preis weil sehr viel Detailarbeit in Ihnen steckt eher von der Weinbergsarbeit als Kellerarbeit ! Schöne wäre noch deutsche Bezugsquellen zu kennen.

  11. Great show! Very inspiring! People always say you should concentrate on one region or country, but with you showing us the world of wine it is difficult to decide and I just want to try as much as possible. Especially as the „New World“ gets so underestimated.
    The length of the last few videos where a good break from studying. Don’t make them any shorter, otherwise my study breaks will be shorter as well ;)

    What I’m doing when I’m not drinking wine?
    Reading about wine or watching your wine- blog of course!!

  12. Dieses Video habe ich eben zum zweiten Mal gesehen – ich finde es großartig, dass es die ganzen Filme im Archiv gibt! Es ist eine WaL-Mediathek, in die ich immer wieder gerne reinschaue. Ich hoffe, das bleibt uns erhalten. Dankeschön! :)

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