Wein am Limit - Hendrik Thoma
21.01.2013 - Folge 80

Die Heldin aus NYC und der Freebie-Silvaner-Tag, 1. Teil

Weine im Video

Name des Weines Soulfaktor Preisspanne
2011 Grüner Silvaner
Weingut Steitz, Rheinhessen
Soulfaktor 3
10-20 Eur
2011 Gleiszeller Silvaner Spätlese trocken “Muschelkalk“
Weingut Porzelt, Pfalz
Soulfaktor 4
10-20 Eur

Ich kenne Doreen Winkler schon einige Jahre. Kennengelernt habe ich das sächsische Energiebündel und ihre Weinleidenschaft vor einigen Jahren in Hamburg. Dann ist sie zu einem Kollegen als Sommelière in die USA gewechselt und am Ende auch geblieben. Seit vier Jahren arbeitet und lebt sie in New York City und hat ihr Unternehmen „Diamond Sommelier Service“ gegründet. Sie veranstaltet Events rund um den Wein und nutzt ihn als „Social Lubricant“, um Menschen und Produkte aus anderen Bereichen durch ihn zusammenzubringen.

Am 6. Dezember 2012 hat sich Doreens Leben schlagartig geändert. Sie erfährt großes öffentliches Aufsehen (siehe weiterführende Links) für eine heldenhafte Tat. In der New Yorker U-Bahn fällt ein Mann in den Schacht und bleibt dort ohnmächtig liegen. Da nur wenig Zeit bleibt, fordert sie einen zuschauenden Mann auf, ihr zu helfen den Ohnmächtigen zu bergen. Bei dieser Aktion stürzt auch er in den Fahrbahnschacht und bleibt zunächst liegen. Doreen hilft schließlich beiden aus dem Schacht kurz bevor die nächste Bahn in die Station einfährt. Ein Akt von Selbstlosigkeit und Mut, der im Big Apple für große Aufmerksamkeit sorgt. Denn 14 Tage zuvor wurde jemand in den U-Bahn Schacht gestoßen und blieb dort liegen. Ein Reporter machte Fotos. Niemand half dem Verletzten. Deswegen stand Doreens Selbstlosigkeit besonders im Fokus der Medien, der die zunehmende Verwahrlosung unserer Kultur und den fehlenden Zusammenhalt schonungslos aufdeckte.

Heute ist auch der Tag, um sämtliche eingeschickte Freebies des letzten Jahres unter die Lupe zu nehmen. Alle Weine kamen aus Deutschland, was die Themenfindung schnell auf den Silvaner kommen ließ. Diese Weine stechen durch ihre direkte unprätentiöse Art heraus. Das einstige Aschenputtel mausert sich immer mehr und es ist unübersehbar, dass sich immer mehr Winzer wieder mehr mit dieser alten deutschen Rebsorte beschäftigen. Ich mag die pure und cremige Art. Der Silvaner ist nicht sonderlich duftig und aromatisch. Dafür zaubert er ganz wunderbar die mineralischen Noten seiner Herkunft und des Bodens ins Glas. Schön, dass er wieder eine kleine Renaissance erlebt und mehr angebaut wird. Ich mag ihn.

Die erste Freebie stammt aus den Kellern des Winzers Christian Steitz aus Stein- Bockenheim aus der rheinhessischen Schweiz mit ihren vulkanischen Böden. Im Übrigen ist die Familie schon seit weit über 10 Jahren in der Selbstvermarktung. An dieser Stelle eine große Entschuldigung für die falsche Namensnennung und Info. Irgendwie war ich bei Alexander und habe etwas durcheinander gebracht! Hat jemand ein gutes Mittel gegen meine schleichende Namensdemenz?

Der grüne Silvaner von Christian ist ein typischer unkomplizierter Vertreter und für 5,60 € ein absoluter Superdeal. Er bietet einen sauberen klaren Duft, ist erfrischend, saftig und unkompliziert. Kein Chi-Chi Wein, der ein toller Aperitif ist oder auch als unkomplizierter Essensbegleiter glänzen kann. Kein großer, aber ein ehrlicher Wein, der idealerweise das Portemonnaie schont. Ein Stoff für die rustikalen vinologischen Momente im Leben.

Der „Muschelkalk“ vom mir bis dato unbekannten Weingut Porzelt aus der Pfalz macht seinem Namen alle Ehre. Am Anfang noch mächtig von primären Fruchtaromen und gebundener Kohlensäure überlagert, legen seinen wahren Qualitäten im Glas deutlich zu. Für mich sticht dieser Wein aus der eingesandten Kollektion heraus. Ein herb-markanter Wein mit einem zitrus-apfelartigen Duft. Ein klasse Silvaner, der als toller Essensbegleiter eingesetzt werden kann. Vor allem zu Fisch oder Sushi ist er ein kongenialer Begleiter. Sehr fein!

Morgen geht es weiter. Bis dahin mehr Spaß im Glas.

Kommentare

9 Kommentare zu “Folge 80 : Die Heldin aus NYC und der Freebie-Silvaner-Tag, 1. Teil

  1. Silvaner – freut mich immer, wenn jemand für diese arg unterschätzte Weinsorte eine Lanze bricht! Für mich jedenfalls ist Silvaner ein Weißwein der ersten Wahl, weil er fast immer markant und mineralisch schmeckt, gut den Boden spiegelt, säurearm und fast immer preiswert ist. In Rheinhessen wimmelt es nur so von guten Silvanern; am besten finde ich die der Weingüter Wagner-Stempel, Battenfeld-Spanier und Keller.

  2. Tolle Folge, toller Gast. Mehr davon. Silvaner ist eine meiner Lieblingsreben. Nur ehrlich gesagt. Silvanerfolge und kein fränkischer Silvaner? Das Land der besten Silvaner? Ich bin ein bisserl enttäuscht. Horst oder Rainer Sauer wäre schon was gewesen.

  3. Hallo Hendrik,
    kann Hardy nur unterstützen. Silvanersendung ohne Franken ist schon wie Fortpflanzung ohne Sex. Das innovativste Weinbaugebiet für Silvaner ist momentan ja wohl Franken. Vom traditionellen Silvaner bis zu den Weinen von den jungen Winzern, wie „Freiraum“ und „Sehnsucht“ habe ich vergleichbares in anderen Regionen noch nicht zu probieren bekommen. Ganz groß auch die Silvaner von Stahl aus Auernhofen. Hatte auch im letzten Jahr rheinhessische und fränkische Silvaner im Vergleich zu probieren. Haushoher Sieg für Franken, welches nicht nur aus Weltner besteht ( obwohl der auch gut ist). Immerhin hat Rainer Sauer im Eichelmann die beste Weißweinkollektion 2012 hingelegt.
    Dein Gast war sympatisch und hat Großes geleistet. Chapeau.Was aber diesen sogenannten kulinarischen Vorsprung der USA gegenüber Deutschland betrifft kann ich nicht ganz folgen. Ich denke in Berlin und München hat man auch eine Konzentration von Sternelokalen. Und selbst in der Provinz, wie Rothenburg ob der Tauber hat man ein Sternelokal, welches mit regionalen Produkten und Tradition kocht. Ich versteh nicht, dass man sich selbst immer klein machen muß.

    1. P.S. Silvaner ist keine deutsche Rebsorte, sondern kommt ursprünglich aus Österreich ( wurde daher auch früher Österreicher genannt). Wurde erstmals 1659 in Castell(Franken) gepflanzt.

      1. Moin Praterralle, danke für die Info wegen dem Österreicher. Man lernt nie aus. Allerdings kenne ich keinen Silvaner aus Ö, aber aus Südtirol, dem Elsass und der Schweiz.

        Ich glaube, dass die Vielfältigkeit in der Sternegastronomie in NYC nicht zu unterschätzen ist. Es kann schon sehr gut sein, dass die Gastronomie deutscher Metropolen dagegen ein wenig langweilig wirkt. Wahrscheinlich ist der urbane Mix sehr anziehend und die Bereitschaft in Qualität zu investieren. Damit sind Anbieter und Nachfrager gleichermaßen gemeint. Außerdem bietet der Big Apple immer neue Ansätze sich kreativ zu vermarkten. Darin liegt auch sein Reiz. Für innovative Ideen und Trendscouting ist es auf alle Fälle der richtige Platz.
        Geduld wegen Franken. Es gibt noch einen 2. Teil. Salut, Hendrik

    2. Naja, ob das Sinn macht, hier zwischen dem zu differenzieren, was heute ein politisches Österreich oder Deutschland ist, damals 1659 waren beide unter einer Kaiserkrone, und es gibt sicher eine mitteleuropäische Tradition, die man auch mal eine deutsche nennen darf. Schließlich kommt so gesehen keine Rebsorte aus Deutschland, sondern aus einer geographischen und kulturell umgrenzten Gegend, so wie der Müller-Thurgau aus dem Thurgau, wo man fast die gleich Mundart spricht wie bei mir im Jura-Kalk der Schwäbischen Alb, obwohl diese nicht zur Schweiz gehört – oder wie der Zweigelt, der aus der Heimat seines Namensgebers kommt. Der Trollinger kommt aber wirklich aus dem Schwäbischen …..

  4. Hallo Hendrik,
    Thema gefällt mir gut aus den etlichen Freebie´s die betsen raussuchen und vorzustellen, gibt
    Perspektiven für Neuentdeckungen oder „neue“ Themen. Gast ist nicht meine Wellenlänge, werde die zweite Folge trotzdem schauen aus grossem Interesse an den Weinen.
    Gruß Dominik

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