Wein am Limit - Hendrik Thoma
02.08.2015 - Folge 226

Was ist eigentlich ein "Swimming Pool Wein"?

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Weine im Video

Name des Weines Soulfaktor Preisspanne
2013 Bussaco Branco Reservado
Soulfaktor 5.5
40-50 EurDetails

Mit dem Wort „Swimming Pool Wein“ ist in der Branche ein bedeutungsloser Konsumwein gemeint. Es stellt sich nicht die Frage woher er kommt oder was man da trinkt. Eigentlich geht es bei der Bestellung mehr um generische Aussagen wie: „Bringen Sie mir bitte ein Glas Schianti (Chianti), eine Flasche Prosergio (Prosecco) oder einen Sav (Sauvignon Blanc)“. Diejenigen, die in der Gastro arbeiten, oder mal gearbeitet haben, müssen jetzt sicher schmunzeln. Oberflächlichkeit wird mit Oberflächlichkeit belohnt. Jeder nach seinem Geschmack, Möglichkeiten und seinen Fähigkeiten. Das gilt auch für die Bestellung eines Weines.

Natürlich ist das mit dem „draußen Trinken“ so eine Sache. Sonne, Luft und andere Ablenkungen mindern das Geschmackserlebnis um einiges. Trotzdem sollte man sich schon etwas wert sein. Ich empfinde es als größten Luxus in meinem Sommerurlaub einen besonderen Wein ganz pur und solo am Pool zu trinken. „Time is on my side“.

In diesem Jahr habe ich mir die Keller vom Bussaco Palace Hotel in Portugal angeschaut. Dieses legendäre Haus liegt zwischen den Weinregionen Dao und Bairrada. Lange Zeit waren die Weine ausschließlich den Gästen des Hotels vorbehalten und viele alte Jahrgänge sind es noch immer. Die Haltbarkeit dieser Weine ist atemberaubend. Vor Ort durften wir einen 1957 Branco Reservado verkosten, der immer noch taufrisch war. Typisch ist eine honigartige Note, die sich mit einem Duft von Kräutern und Bohnerwachs vermischt. Zweifelsohne gehört der Bussacco zu den größten und haltbarsten trockenen Weissweinen der Erde. Sein Ausbau ist so klassisch wie seine Herkunft.

Es gibt nur drei Weine, die gefüllt werden. Der Branco Reservado und der Tinto Reservado. Dann gibt es noch eine ganz kleine Menge eines Einzellagenweines, den Vina da Mathe dessen Trauben aus dem Bairrada stammen.

Bussaco Weine sind folglich immer Blends. Der Branco wird aus Maria Gomez und Bical von den kalkhaltigen Böden des Bairrada (Meeresklima) und dem Encruzado aus dem hochgelegenen Dao (Bergklima) geblendet. Hier sind die Böden aus Granit. Der Tinto wird aus Baga (Bairrada) und der Touriga Nacional (Dao) gekeltert. Die Methode des Ausbaus ist wie vor 100 Jahren: Alte Weingärten, Handlese, einmaischen im Granittrog (Lagar) und eine Reifung zwischen 2-5 Jahren in lokalem Kastanien-, Mahagoni- und Macacauba (Brasilianisches Hartholz) Fässern. Ein unvergleichlicher Klassiker mit einer fesselnden Aromatik und vor allem einer unfassbaren Frische. So unaufgeregt wie die Bussaco Weine häufig anfänglich wirken, um so fesselnder entwickeln sie sich an der Luft. Deswegen empfehle ich dringend diese Tropfen vor Genuss zu dekantieren.

Der 2013er Branco Reservado wäre Kennern augenscheinlich (dem Etikett nach)  zu jung. Doch er ist in seiner jugendlichen Fruchtphase und deswegen noch wunderbar geöffnet. Ein Duft von Limonen, Kräutern und nassen Steinen findet sich im Glas. Ohne Frage, er legt im Glas gewaltig zu und offenbart ein Aroma das irgendwo zwischen einem rauchigen Pouilly-Fumé und einem erdigen Puligny-Montrachet liegt. Ein weiteres Geheimnis ist seine dichte Textur, die nicht satt macht, sondern von einer fordernden, reifen Säure getragen wird. Hier muss man sich um das Alterungspotential keine Sorgen machen. Alles wird gut! Der 2013er hat ausreichend Reserven für 30-50 Jahre Haltbarkeit. Ein großer trockener Wein, der ganz ohne Moden und Allüren auskommt. Ein Relikt aus einer Zeit in der man Weine ohne viel Chi Chi und trotzdem nach allerhöchsten Kriterien gekeltert hat. Durch die lange Isolation Portugals und seiner Lage hat sich auf Bussaco nur wenig verändert. Das war gut so, denn damit bieten die Weine eine Unnachahmlichkeit und Eigenständigkeit, die es kaum noch gibt (außer z.B. Vina Tondonia, Rioja).

…..und. Ach ja, am Pool schmeckt er auch ziemlich gut.

Wir wünschen Euch eine schöne Sommerzeit und ganz viel Spaß im Glas,

 

Hendrik & das WaL Team

 

Kommentare

Ein Kommentar zu “Folge 226 – Was ist eigentlich ein „Swimming Pool Wein“?

Menu