Wein am Limit - Hendrik Thoma
17.04.2016 - Folge 257

Die Riesling Brüder vom Weingut Merkelbach in Ürzig

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Weine im Video

Name des Weines Soulfaktor Preisspanne
2001 Riesling Spätlese "Ürziger Würzgarten"
Weingut Merkelbach, Mosel
Soulfaktor 4.5
10-20 Eur

Treffen mit Buddha könnte diese Folge auch heißen. Manchmal –selten- geht es in unserer Branche herrlich zufrieden und ruhig zu.

Der Weinbauort Ürzig an der Mittelmosel gilt als einer der besten. Die extrem steilen Lagen befinden sich in einem warmen sich schnell aufheizenden Talkessel, bzw. in einer engen Moselschleife, die einen charakteristisch dunklen Schieferboden aufweisen. Aufgrund des hohen Lehmanteils wird der Boden „Rotschiefer“ genannt. In warmen Jahren erweist sich seine gute Wasserspeicherfähigkeit als Vorteil und die Reben haben weniger Trockenstress (Global Warming lässt grüßen). Das hier fast nur Riesling wächst erwähne ich mal nebenbei. Die Königsklasse reift in den anspruchsvollsten, kärgsten Lagen am besten und erreicht nur so ihren wahren Charakter. In einem der nördlichsten Anbaugebiete der Welt, wie der Mosel entscheiden Mikroklima, Exposition und Höhe über groß, großartig oder banal. Dafür wird diese Region auf der ganzen Welt geschätzt. Das es genügend Flachlagen und ausdruckslose Weine gibt ist die Kehrseite der Medaille und eine andere Geschichte (auf die ich keine Lust habe!).

Die lebenslustigen Brüder Rolf (79) und Alfred (81) keltern beharrlich, seit über 50 Jahren, den klassischen Moselstil. Das Weingut wurde 1867 von ihrem Urgroßvater gegründet. In den Lagen Ürziger Würzgarten und Kinheimer Rosenberg entstehen Gewächse einer fast vergessenen Epoche des Moselweins. Die im Durchschnitt fast 50 Jahre alten Reben (teilweise wurzecht) werden Parzelle für Parzelle gelesen und separat in 1000 Liter Fuderfässern ausgebaut (man achte auf die AP Nummer). Die Weine halten genau das, was auf dem Etikett steht: ein Kabinett schmeckt leicht und luftig mit tänzerischer Süße, eine Spätlese wie eine Spätlese, entsprechend intensiver und süßer, eine Auslese zart süß und nicht überkonzentriert.

Die 2001er Spätlese „Ürziger Würzgarten“ schmeckt nach 15 Jahren noch sehr saftig und frisch. Der spürbare Restzucker deutet an, dass dieser Wein etwas Zeit braucht bis er eines Tages „gefühlt“ trocken schmeckt. Ein Phänomen, wenn man bedenkt das Zucker und Säure nicht verdunsten, aber was viele Weintrinker sicher bestätigen werden. Der Duft erinnert an warme Apfeltarte mit Vanille und getrocknete mediterrane Kräuter. Klassisch und mit einem schönen Trinkzug ausgestattet, nicht pappsüß, sondern äußerst belebend. Das Richtige für einen Fernsehnachmittag.

Die beiden Brüder haben vor kurzem die gepachteten Parzellen abgegeben und bearbeiten weiterhin 1 Hektar Reben mit Ihren Vettern Hans Josef (78) und Kurt Leo (77). Der Besuch auf dem Weingut wirkte wie eine Zeitreise, wunderbar konserviert und herzlich. Die Merkelbach Stöffchen schmecken aktueller denn je und sind die Antithese der vielen uniformen (teilweise gehypten) Technikerweinen. Ich wünsche der Rentnergang weiterhin ein gutes Gelingen und noch viele Jahrgänge. Châpeau!

An dieser Stelle vielen Dank an Markus Reis, dem Chef des Zeltinger Hof , www.zeltinger-hof.de, der mich zu den Gebrüdern Merkelbach geführt hat.

Übrigens sind die Beiden noch unverheiratet. Es gab keine Frauen mit geeigneten Weinbergen! Da gilt die alte Winzer Regel „Liebe vergeht, Hektar besteht!“

Kommentare

8 Kommentare zu “Folge 257 – Die Riesling Brüder vom Weingut Merkelbach in Ürzig

  1. Hallo Hendrik,
    vielen Dank für den stimmungsvollen Bericht aus Ürzig von den Merkelbach-Brüdern, deren Weine ich durch den Kölner Weinkeller entdeckt habe und sehr schätze.
    In Deinem Beitrag hast Du zwei Bücher erwähnt, kannst Du die Titel nochmal nennen? Danke!
    Beste Grüße und weiter so mit Wein am Limit!!
    Konstantin

    1. Hallo Konstantin, es ist das Buch „Reading between the vines“ von Terry Theise. Sehr schön geschrieben über seine Liebe zu den deutschen Weinen. Viele Grüße, Hendrik

  2. Sehr schöner Beitrag, finde ich. Bei aller Diskussion über neue Trends im Weinbau, die ich auch zum großen Teil sehr spannend finde, sollte man die Tradition nicht vergessen, vor allem, wenn da nach wie vor leckere Sachen draus entstehen.
    Bei mir ist ja fast alles trocken bis sehr trocken im Keller, mit Weinen mit höherem Zuckergehalt kann ich meist nichts anfangen. Eigentlich finde ich nur an der Mosel und an der Saar immer mal wieder solche Stöffchen, bei den das Süße-Säure-Spiel so gekonnt beherrscht wird, daß auch solche restsüßen Weine an meinem Gaumen Freude machen!

  3. Hallo Hendrik,
    schöner Beitrag! Toll das es noch solche Winzer gibt, hier stehen das Handwerk und natürlich die Freude am Wein im Vordergrund. Obwohl ich nun schon fast 20 Jahre im Saarland wohne, kannte ich dieses Weigut bis dato nicht. Spätlese ist aber auch nicht unbedingt meine erste Wahl bei Riesling aber ich werde wohl mal 1-2 Fläschchen der Gebrüder Merkelbach bestellen und probieren, Ich mag die Rieslinge von Matthias Knebel oder auch vom Agritiushof.
    Vielleich schaffe ich es ja dieses Jahr mal ein paar Weingüter entlang der Mosel zu besuchen, ist ja auch landschaftlich eine Reise wert!
    MfG Pierre

  4. Hallo Hendrik,
    ein sehr gutes Video mit viel Respekt für die Brüder und die Tradition.
    Meine erster Mosel Riesling war einer aus dem Deutschland Paket vom Weingut Knebel(Terrassen). Gott sei Dank hat er auch einen Händler in Wien.
    Mir waren Riesling bis dato nur bekannt als trocken ausgebaute Weine ( Kamptal, Kremstal, Wachau)
    Aber Mosel-Rieslinge gehören seit dem Knebel Wein definitiv zu meinen Favoriten. Sie haben auch einen hohen Wiedererkennungswert.
    Schade um jeden ha der nicht mehr bewirtschaftet wird.

    Beste Grüße aus Wien
    Stefan

  5. Hallo Hendrik,

    sehr schöner Bericht. Man kann nur hoffen selbst im Alter mal so agil zu sein. Bin vom klassischen Moselstil absolut überzeugt.
    Ich glaub die erste Flasche Wein, die ich als Kind heimlich im Keller aufgemacht habe, war Mosel lieblich. Das prägt.
    Muß unbedingt mal mit Hardy an die Mosel.

    Ich geh jetzt noch in den Keller und hol mir einen Moselriesling. Manche Dinge bleiben immer gleich.

    Schöne Grüsse aus Wien.

    Praterralle

  6. Ein Weingut der besonderen Art. Auslesen vom Allerfeinsten! Zur Enten oder Gänseleber ein Gedicht! Muss bald wieder nach Ürzig.

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