Wein am Limit - Hendrik Thoma
12.09.2016 - Folge 274

Wie bewerte ich Weinbewertungen?

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Weine im Video

Name des Weines Soulfaktor Preisspanne
2014 „J. Alberto"
Soulfaktor 6
40-50 EurDetails

Der 2014er Malbec „J.Alberto“ von der Bodega Noemia aus Patagonien hat gerade 95 Punkte im renommierten englischen Magazin „Decanter“ erhalten. Darüber haben wir uns als deutsche Importeure dieses Weingutes sehr gefreut. Aus kommerzieller Sicht ist das ein großartiger USP, wenn der seriöse Decanter (leider hierzulande zu wenig bekannt) zu einer solchen Einschätzung kommt. Unabhängig davon sehe ich, wie das Weingut mit den Jahren immer besser geworden ist und heute m.E. zu den 5 besten Betriebe von Argentinien gehört. Es freut mich sehr, wenn ein paar der größten Kenner der Materie meine Vermutung bestätigen. Ein wichtiger Punktsieg für das ambitionierte Team von der Bodega Noemia und der 2014er J.Alberto ist schon jetzt ein Klassiker. Doch kommen wir schnell zu einem sehr streitbaren Punkt: was bedeuten Bewertungen überhaupt? Für viele „normale“ Konsumenten sind sie zumindest eine kleine Orientierung im Jungel der Rating Agenturen, ob sie nun Parker, Wine Spectator, Der Feinschmecker, Gault Millau oder Falstaff heißen. Die andere Fraktion lehnt sie partout ab, allein schon aus Prinzip, um nicht als ein bevormundeter Geschmackssklave eines anderen zu gelten.
Dann gibt es eine Vielzahl an Auszeichnungen die unbedeutend und manche echt stümperhaft.

Für meinen Teil kann ich nur sagen, daß die Weinbranche ohne Bewertungen heute nicht das Interesse hätte was sie von der Allgemeinheit bekommt. Ich fordere mehr Respekt für gute Arbeit, denn ich lese gerne Parker und andere seriöse Veröffentlichungen, wie z.B. Jamie Goode vom „Wine Anorak“. Es sind Scouts, die leidenschaftliche akribische, recherchierte Publikationen veröffentlichen, die mir helfen auf den ein oder anderen Winzer aufmerksam zu werden. Diese Profis haben wie jeder andere, einen subjektiven Geschmack, mit dem man sich beschäftigen muß. Ich kann daran nichts schlechtes erkennen, allenfalls unsere oberflächliche Gesellschaft, die nur deren Punkte sieht, aber nicht die differenzierte Bewertung dahinter. Auch ein Wein mit 85/100 Punkten kann Spaß machen und liegt dem ein oder anderen Weintrinker wesentlich mehr, als ein großzügiger, komplexer Stoff, der mit 95/100 in die Championsleague gehört. An dieser Stelle wird es schwierig und kompliziert. Man muß lesen, verstehen und am Ende auch noch reflektieren, Geschmack trainieren und vor allem entwickeln. Das ist zuviel für die meisten, die ihre Meinung an die Auguren des Weinratings verschenken.

Meine Empfehlung: nutzt sie, lernt von Ihnen, übernehmt ihre Meinung wenn Ihr es für Richtig haltet, aber bleibt bei Eurem Geschmack der sich stetig ändert und neu kalibriert.

Mehr Spass im Glas auch mit 80/100 Punkten.

Cheers,

Euer Hendrik

Kommentare

7 Kommentare zu “Folge 274 – Wie bewerte ich Weinbewertungen?

  1. vielen dank für die aussage “ die menscheit ist sehr oberflächlich geworden“
    mir gefällt ihre art der aussagen
    vielen dank auch für die das gut oggau video , grosses weingut , grosse menschen
    meine meinung zu kritikern ist sehr distanziert ,da in österreich in den vergangenen zwanzig jahren sehr viele grosse miese geschäfte gelaufen sind( selbst anwesend gewesen jedoch nicht involviert bei sehr vielen entscheidungen, es gleicht zeitweise der homestory von rainhard may). ich kenne uach die geschichten aus anderen ländern, jedoch ist der mensch dazu erzogen worden das zu nehmen was ihm vorgegeben wird.
    genug der rede: BITTE VERÄNDERN SIE SICH NICHT UND BLEIBEN SIE GERADE AUS , ICH FINDE IHR TUN FÜR EINES DER EHRLICHSTEN IN EUROPA
    ein in österreich seit 20 jahren im hintergrund für viele weinbauern arbeitender liebhaber des ehrlichen tropfens von ehrlichen weinbauern.

  2. Moin Hendrik,

    ich glaube nach wie vor, dass Bewertungen einen Nutzen haben, wenn man sie durch den Filter des eigenen Geschmacks
    sieht und ungefähr weiß, was die Tester bevorzugen. Parker zum Beispiel hat bis vor wenigen Jahren vor allem hochkonzentrierte
    Weine als top bewertet. Das waren dann zwar beeindruckende Exemplare, die aber schnell satt gemacht haben und daher
    eher zum meditieren geeignet sind. Heute hat sich das geändert und Eleganz steht mehr im Fokus.

    Ich persönlich halte es so:

    Ich beobachte die unterschiedlichen Tester/Weinführer. Wenn sich alle einigermaßen einig sind, hast du eine gute Chance, dass die
    Bewertungen auch in der eigenen Sphäre zutreffen. Hat nur einer oder wenige ganz bestimmte Weine hoch oder niedrig bewertet,
    kommt es auf deren Ausrichtung an und darauf, ob diese mit dem eigenen Geschmack übereinstimmt.

    Ich finde auch, es lohnt sich, abseits der altbekannten Guides auch die hiesigen Tester im Auge zu behalten. Ich denke da an
    Hofschuster, der eine gute Arbeit macht oder eben auch einige der Weinblogs, z.B. von Dirk Würtz sind sehr spannend und eine
    gute Quelle für verlässliche Informationen.

    Vielen Dank auch nochmal für deine gute Arbeit! Immer wieder ein Spaß, die Videos zu schsuen.

    In diesem Sinne viele Grüße,

    Mario

  3. Immer wieder ein schönes Thema, zu dem es viele unterschiedliche Meinungen gibt. Ich persönlich lese auch die ein oder andere Weinbewertung und orientiere mich auch teilweise an diesen. Für mich ist aber ein kompetenter Weinfachhandel mit persönlicher Beratung oftmals viel entscheidender. Ich habe das Glück hier einen sehr guten vor der Tür zu haben. Er kennt die Winzer seines Sortiments (mit wenigen Außnahmen) persönlich und hat oft auch eine Geschichte zu den Weinen oder dem Weingut. So bekommt man einen guten Einblick in die Herstellung des Weines und vorallem die Einstellung des Winzers zu seinen Weinen oder Wein im Allgemeinen. Außerdem sollte man auch bereits sein viel auszuprobieren und sich nicht zu sehr auf ein Thema beschränken, denn es gibt so viele spannende und gute Weine zu entdecken. Auch deshalb bin ich von WaL begeistert, viele tolle Weine von ehrlichen Winzern und die Passion für Wein. In diesem Sinne auf weitere spannende Folgen und tolle Weine hier bei WaL.

    Grüße von der Saar
    Pierre

  4. Ich lese (und schaue) zwar viel und gerne alle möglichen Weinbewertungen; die Punkte, die dann aber am Ende dabei herauskommen, interessieren mich in der Regel jedoch nicht besonders, da die Punktekriterien ja bei jedem ziemlich unterschiedlich gehandhabt werden, was wiederum zu der regelmäßig auftretenden großen Bewertungsspanne trotz einheitlicher Skala führt. 50 bis 100 ist dann eben nicht 50 bis 100.
    Wenn ich einen Bewerter aufgrund des Vergleichs mit meinen eigenen Vorlieben ganz gut einschätzen kann, beachte ich die Punkte vielleicht schon mal ein bißchen, aber die Prosa ist mir in der Regel deutlich wichtiger.

    Aufgrund dieser faktisch nicht gegebenen Vergleichbarkeit maße ich mir selbst bei meinen amateurhaften Beschreibungen auch nicht an, irgendwelche Punkte zu vergeben, die die Qualität beurteilen. Bei mir geht’s nur darum, ob ich das Zeug nochmal kaufen würde oder nicht. Allerdings haben meine Beschreibungen auch nicht das Ziel, jemanden zum Kauf von Weinen zu animieren, sondern dienen eigentlich in erster Linie nur mir selber.

    Bei Leuten dagegen, die mit den Weinchen ihr Geld verdienen -egal ob als Kritiker oder als Verkäufer- ist das natürlich ein bißchen anders zu sehen. Und je nachdem, in welchem Lager sich der Bewerter befindet, färbt das auch nochmal zusätzlich auf die Bewertung ab.

    Ich gehe mal davon aus, daß auch deine Bewertungen zu Weinen, die du selbst verkaufst -bewußt oder unbewußt- einen Tacken positiver ausfallen, als die zu Weinen, die nicht in deinem Portfolio sind. Das sehe ich aber eher als ganz normal und selbstverständlich, weil menschlich, an und ist nichts Schlimmes, zumal du ja sehr offen und transparent damit umgehst. Man muß sich eben nur darüber bewußt sein, welche Intention hinter einer Bewertung steht.

  5. Hi Hendrik,
    Du empfiehlst auch Weine, die Ihr nicht verkauft und viele von diesen habe ich getrunken. Alle waren bisher hervorragend und nie enttäuschend.

    Liebe Grüße aus Oberhausen
    Holger

  6. Servus,
    ich kenn mich in dieser Vielzahl an Bewertungen noch nicht wirklich aus.
    Komisch ist z.B. auch bei Falstaff, dass der „schlechteste“ Grüner Veltliner aus dem Weinviertel im Jahr 2015 mindestens 86 Punkte bekommen hat. Von 188 Weinen.

    Ich finde deshalb diese 100 Punkte Skala nicht optimal, da 86 Punkte sowieso schon sehr wenig sind. (zumindest beim Falstaff)

    Warum bekommen Süßweine sehr oft eine extrem hohe Bewertung. Gerade in Österreich gibts ja einige Winzer, die regelmässig sehr viele Punkte einfahren (96-99 keine seltenheit)

    Ganz blick ich durch diesen Punktedschungel noch nicht durch. Bzw hab ich noch zu wenig bewertete Weine getrunken um mir ein Bild machen zu können, welche Verkoster mir zusagen.

    Das wichtigste ist für mich aber, dass der Wein mir schmecken muss. Gerade in Österreich gibt es viele kleine Winzer die noch keine Besuch von einem Verkoster bekommen haben. (z.B. Schierer im Kamptal) Seine Riesling vom Kogelberg und Heiligenstein sind für mich sehr sehr gut.

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