Wein am Limit - Hendrik Thoma
24.10.2016 - Folge 280

"Vienna Calling" oder zwei Piefke-Somms aus Ösiland

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Liebe Walinauten,

zwei der interessantesten Sommeliers Österreichs sind René Antrag vom Restaurant Steirereck (** Michelin) und Steve Breitzke vom Restaurant „Le Loft“ (16 Punkte Gault Millau) im Hotel Sofitel in Wien. Ironischerweise sind beide keine Österreicher, sondern stammen aus Sachsen und Thüringen.

Ich kenne die beiden bereits seit einigen Jahren und halte große Stücke auf ihre Fähigkeiten. Beide sind Teamplayer und Vorbilder in ihren jeweiligen Betrieben, aber auch Individualisten. Sie pfeifen auf Konventionen und machen Ihr Ding. Ihre Arbeit trägt eine eigene Handschrift und der Erfolg gibt den beiden Profis recht. Das Steirereck ist das Restaurant in Wien und die Weinempfehlungen von René Antrag sind so treffsicher und emphatisch, dass es im Glas nur so kracht. Nie ist er auf seinen Vorteil bedacht, sondern er bleibt ein versierter Dienstleister und traut sich, aber auch seinen Gästen etwas zu. Ich selbst durfte das schon erleben und war begeistert, obwohl mich sogenannte Weinreisen meistens mißtrauisch stimmen. Zu häufig ist das „Reste-Entsorgung“ gepaart mit Reizüberflutung. Bei ihm wurde ich vor einiger Zeit eines besseren belehrt. Es macht einfach Spaß seinen klug ausgewählten Empfehlungen zu folgen.

Steve Breitzke hingegen gelingt das Kunststück in einem großen Restaurant mit außergewöhnlichen Weinen bei seiner Kundschaft zu punkten. Seine avantgardistische Weinkarte ist „Punkrock“, „Freejazz“ und „Klassik“ zugleich. Man merkt er hat die Weinwelt im Auge und seine internationale Klientel ist ihm dankbar dafür. Während hierzulande in größeren Lokalen meistens das langweilige 08/15 Programm abgespult wird nimmt er außergewöhnliche, seltene Weine auf die Karte und verkauft sie auch. In den 5 Jahren, die er dort arbeitet, ist er in meinen Augen die eigentliche Attraktion des Restaurants. Ein USP der seinen Arbeitgeber und die Kunden gleichermaßen glücklich macht. Ein lässiger Gastgeber der den guten Geschmack im Auge behält. Ein moderner Sommelier der für seine passionierte Arbeit zurecht wiederholt zum „Sommelier des Jahres“  ausgezeichnet wurde, dieses Mal im Gault Millau.

Natürlich mussten die beiden auch  „blind“ verkosten. Was, das müßt Ihr Euch im Video anschauen.

Wien ist eine Reise wert, dort hat man viel Spaß im Glas, for sure,

 

Hendrik

 

Kommentare

12 Kommentare zu “Folge 280 – „Vienna Calling“ oder zwei Piefke-Somms in Oesiland

  1. Ist der Tignanello jetzt ein schlechter Wein oder warum braucht man dafür keine Weinbegleitung? Hab das leider nicht ganz verstanden? Hat der seinen Namen im Lauf der Jahrzehnte zu Unrecht bekommen oder warum wird darüber so abschätzig gesprochen?
    Hattest du die beiden Antinori Brüder nicht einmal interviewt und dabei in den höchsten Tönen gelobt? Ich hatte eigentlich vor einen 2010er Tignanello zu Weihnachten zu öffnen weil ich einen geschenkt bekommen habe und ihn noch nie getrunken habe. Ist der so übel, dass ich es lieber sein lassen sollte?
    Überhaupt würde ich gerne wissen welche spannenden Weine den jemand trinken soll wenn man keinerlei Referenz hat weil den großen Namen hat man ja tunlichst auszuweichen ansonsten macht man sich der „Etikettensauferei“ schuldig!? Was ist denn an einem Barolo von Giacosa oder einem Chateau Margaux so unspannend, dass es sich nicht lohnt diese zu trinken? Gibst da so viel besseres was die beiden Herren mir empfehlen könnten? Würde die von mir genannten Weine in einer Blindverkostung gegen die „spannenden“ Weine nicht bestehen können?
    Viel zu viele Fragen jemanden der sich mit Wein beschäftigt. Vielleicht kannst du die eine oder andere davon beantworten.

    Grüße aus Wien
    Stefan

    1. Hi Stefan,

      ich glaube nicht, daß das in diesem Fall abschätzig gemeint ist. Ja, es gibt wahrscheinlich bessere Weine als Tignanello, auch günstiger. Da muß man nur mal richtig shoppen gehen. Trotzdem hat der Tignanello seine Fans, zurecht. Ich glaube die Äußerung ging in diesem Fall eher in die Richtung, daß man nicht unbedingt einen Sommelier braucht, um solche Weine auf der Karte zu finden. Die sind bekannt genug und Luxus Markenartikel.

      Die Folge mit den Antinori Brüdern war noch zu TVino Zeiten, die mir von Ihrem Biserno Projekt erzählten. Ich kann mich nicht erinnern, daß ich besonders euphorisch war, aber damals gefielen mir diese Weine (von denen ich mir nie eine privat gekauft habe). Mich hatte eher der Umstand beeindruckt, daß die beiden Brüder wieder miteinander sprachen und wieder Geschäfte gemacht haben. Das hatte was.

      Also, es sollte nicht der Eindruck des Tignanello bashings entstehen, daß wäre zu einfach. Irgendwie gehört er auch dazu, zu einer Entwicklung im Leben eine Weinliebhabers. Es geht vielmehr um geschmackliche Emanzipation und Entdeckerlust. Dabei kann einem ein Sommelier sicher helfen, wenn er seine Arbeit gewissenhaft macht. das war wohl gemeint.

      Weiterhin mehr Spaß im Glas,

      Hendrik

      1. Hi Hendrik,
        Danke erstmal für die ausführliche Antwort.
        Du schreibst von geschmacklicher Emanzipation – aber wovon soll man sich denn emanzipieren wenn man die großen Etiketten noch nicht mal getrunken hat? Die Referenz um sich zu emanzipieren fehlt einfach. Oft denke ich mir, dass du und deine Kollegen es ziemlich einfach habt weil ihr die großen Weine dieser Welt alle schon mehrfach im Glas hattet. Aber für den durchschnittlichen Weintrinker stellt sich schon die Frage wie den so ein 100 Punkte Wein schmeckt? Man traut sich ja gar nicht einen solchen zu kaufen geschweige denn im Restaurant auch nur zu erwähnen weil man da von der jungen Generation der Weinkenner gleich als Etikettensäufer abgestempelt wird.
        Und leider hat man bei den beiden jungen Sommeliers gemerkt was sie von Gästen halten die solche Weine ordern.
        Schlussendlich ist es eine Frage des Geschmacks, der sich aber nur entwickeln kann wenn man Verschiedenes ausprobiert. Für mich gehört da halt auch ein Barolo von Bruno Giacosa oder ein Vieux Chateau Certan dazu. Ja die haben schon mal 100 Punkte bekommen und nicht nur von Parker und ja die würde ich gerne mal trinken und ja die sind teuer und ja das sind Etikettenweine und totzdem und wenns auch nur um eine Emanzipationsreferenz geht. Welche dir und deinen Kollegen offensichtlich nicht fehlt. Damit ich dann irgendwann erfahren kann was spannender ist.
        Oder bist du der Meinung, dass diese Weine es einfach nicht wert sind sie zu trinken? Überteuert und überpunktet. Aber es gibts so viele? Welche sind den tatsächlich nur Marketingprodukte? Alle Premier Gran Cru Classes? Alle Supertuscans? Die Screaming Eagles und Granges? Wer entscheidet was ein Etikettenwein ist? Der Preis? Die Punkte? Parker? Suckling? und was machst du wenn Weine aus deinem Sortiment über die Jahre einen so guten Ruf bekommen, dass sie zu Etikettenweinen werden?

        Es sind Fragen die mich wirklich interessieren, denn wenn man sich in Sachen Weinblogging, Weinchannels und Co. so im Internet umliest und umschaut wir man immer wieder vor den Tignanellos dieser Welt gewarnt und doch jedes mal wenn man eine Weinverkostung mit einem eben solchen sieht dieser Tignanello in den höchsten Tönen gelobt wird.
        Autochtone, terroirbetonte, Nischenweine mit geringem Alkoholgehalt, salzig, mineralisch, demeterzertifiziert und bitte gänzlich unbekannt und neu sollen die Weine sein. Teuer sind sie meistens trotzdem.
        Wie baue ich mir eine Referenz auf um diese Weine spannender (komparativ) zu finden als andere? Kann ich meine 2010er Tignanello jetzt gefahrlos trinken oder nicht?

        Grüße Stefan
        (ich hoffe mein Kommentar kommt nicht zu provokant rüber!)

        1. Hallo Stefan,

          ich versuche das mal abzukürzen. Ich finde Giacosa, oder z.B. Vieux Château Vertan phantastisch. Ich liebe Klassiker und verneige mich vor diesem Geschmack. Den Preis den man dafür bezahlt ist jedem selbst überlassen. Man braucht sich auch nicht zu schämen, wenn man sie trinkt. Im Gegenteil, es ist ein Privileg.

          In einem gut sortierten Weinkeller stehen sie meistens parat und können bestellt werden. Ich kenne viele gute Somms die Dich (wenn Du das möchtest) auf eine Geschmacksreise mitnehmen können. Das was Dir schmeckt musst Du Dir selbst „ertrinken“. Lass Dich dabei nicht einschüchtern von irgendwelchen Etiketten, seien sie nun berühmt oder ausgefallen. Lass Dir nicht von irgendwelchen Dogmatikern vorschreiben was Du gut zu finden hast.

          Fakt ist allerdings, es gibt mehr gute Weine denn je. Das macht es spannend auch mal abseit der vielbefahrenen Wege zu schauen.
          Hier gibt es viel zu entdecken.

          Trink den 2010er Tignanello und genieße ihn, vielleicht findest Du eines Tages etwas was Dir mehr gefällt. Das ist sehr gut möglich, wenn Du offen bleibst. Es ist auch absolut ok, wenn Du dabei bleibst, denn es ist ein sehr guter Wein. Um zu wissen was einem schmeckt muß man nicht nur viel wissen, sondern vor allem seinen eigenen Geschmack vertrauen (und viel trinken), bzw. kennen. Gute Sommeliers helfen Dir die ein oder andere Inspiration zu finden. Der Rest ist Handwerk und Servierkunst.

          Mehr nicht.

          viele Grüße,

          Hendrik

          1. Hallo Hendrik,

            Respekt. Du bist nicht nur Master-Sommelier sonder auch Master-Wine-Communicator. Selten eine so zufriedenstellende Antwort erhalten zu diesem Thema wie die deine.

            Vielen Dank dafür; deine Videobeiträge sind immer eine sehr interessante und informative Weinbegleitung für mich.

            Grüße Stefan

    2. „Ich hatte eigentlich vor einen 2010er Tignanello zu Weihnachten zu öffnen weil ich einen geschenkt bekommen habe und ihn noch nie getrunken habe.“

      Aha, einen unbekannten noch nie zuvor probierten Wein für Weihnachten aufsparen in der Erwartung, dass dieser für mich, für meinen persönlichen Geschmack einen überdurchschnittlichen Genuss bietet.
      Ähm, und wenn nicht? Wird dann der schon bereit liegende Beutel Glühfix da rein gehängt und ein winterliches Heißgetränk bereitet? ;-)

      Soll jeder so machen wie er will, ich hab keine Ahnung was ich Weihnachten essen oder trinken will. Nehme mir auch nichts Besonderes dafür vor. Man soll die Feste feiern wie sie fallen – von mir aus auch sehr gerne „Christmas in July“ – hatten wir das Thema „Anlasswein“ nicht auch schon Mal? ;-)

      1. Wenn der Korkenzieher es überlebt hat man durchaus noch die Möglichkeit, wenn nichts dazwischen kommt, einen Zweiten, hoffentlich wohlbekannten Anlasswein zu öffnen. So gesehen ist die Gefahr, dass ein ach so schrecklicher 2010er Tignanello das Weihnachtsfest vermiest eher gering. Aber danke für die Anteilnahme vielleicht sollte ich mir auch noch den 2011er und den 2009er besorgen ;) Vielleicht finde ich aber noch ein paar andere Flaschen Rebensaft in meine Keller mal sehen ob die nicht möglicherweise der Weihnachtsmann geklaut hat und mich und meine Familie zwingt diesen einen 2010er Tignanello zu trinken.
        Ich melde mich dann bei dir in der Hoffnung, dass du mir ein paar Flaschen Etiketten-Anlass-Weihnachtswein zur Verfügung stellst.
        Ja feiere die Feste wie sie fallen und Weihnachten fällt wie jedes Jahr auf Weihnachten. Kann man sich sogar im Kalender eintragen dann vergisst man nicht wann man den Anlass-Weihnachts-Tignanello öffnen muss und bitte nur den und keinen anderen weil die hat man ja nicht zu hause und kaufen darf man die zu Weihnachten auch nicht.

        Grüße Stefan

  2. Hallo zusammen.

    Interessante Tignanello-Diskussion. Der Wein ist meiner Meinung nach wirklich gut und man sollte ihn getrunken haben. Damit hat man schon mal einen Vergleichspunkt mit anderen Rotweinen dieses Stils. Der Wein hat in der Toskana eigentlich eine Revolution ausgelöst, als man dort noch sehr viel Plörre produzierte. Macht man heute leider auch noch teilweise. Auch Solaia und Sassicaia etc. sollte man sich gönnen. Es gibt diese Weine in für Spitzenweine relativ großen Quantitäten und alle haben einen großen Bekanntheitsgrad. Die Weine kennt wirklich jeder. Vielleicht wirken sie auf manche Menschen dadurch profan, gewöhnlich und anbiedernd. Mir haben sie geschmeckt.

    Horst Sauer hat zu uns gesagt, als wir letztes Jahr bei ihm gedreht haben: „Wein ist so einfach. Entweder er schmeckt oder er schmeckt nicht.“

    Also Prost und es muß nicht ein Feiertag sein, an dem man einen solchen Wein aufmacht. Das öffnen eines solchen Weines ist automatisch ein Feiertag oder manchmal auch nicht.

    Spannende Sache

    Schöne Grüße aus Wien

    Praterralle

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