Barbara Banke ist die Frau des vor einiger Zeit verstorbenen kalifornischen Weintycoons und Milliardärs Jess Jackson aus Sonoma. Er war einer der größten Protagonisten aus dem Tal des Mondes, wie es die Indianer einst nannten. Neben Robert Mondavi war Jess Jackson einer der bekanntesten Namen der kalifornischen Weinindustrie. Heute führt seine Witwe Barbara die Geschäfte des Imperiums von 30 Marken, zu denen neben dem Stammhaus Kendall Jackson auch Kultweingüter wie Lokoya und Cardinale gehören.
Die qualitative Spitze des Imperiums stellt allerdings das Weingut Vérité aus Sonoma County dar. Kaum ein Weingut auf der Welt hat häufiger die Höchstmarke des amerikanischen Weinkritikers Robert Parker sowie seines Vertreters Antonio Galloni geknackt. Ganze sieben Mal hat Vérité die 100 Punkte in seiner kurzen Geschichte seit 1997 erhalten. Wenn es keine 100 Punkte gab, finden sich die Noten fast immer im klassischen Bereich ab 95 Punkte wieder.
Jetzt müsste man denken, dass es sich bei diesem Kultwein um ein megaschweres Extrakt ganz nach Parkers Gusto handelt. Doch weit gefehlt: Die Weine haben eine sensationelle Frische und Feinheit. Es sind keine Blockbuster, sondern elegante Weine. Vielleicht liegt es daran, dass sie von einem Europäer vinifiziert werden. Der Franzose Pierre Seillan braut das Trio zu 100 % in neuem Holz aus, ohne die Frucht damit zu maskieren. Das stecken die Trauben aus den Gemarkungen Alexander Valley, Chalk Hill, Bennett Valley und Knights Valley sehr gut weg.
Der erste Wein des Trios ist der 2002 „La Muse“, der zu 85 % aus Merlot besteht. Ein traumhafter Stoff. Ultrafein und ein Beweis dafür, dass der Merlot aus Kalifornien nicht grasige unreife Noten wie so häufig haben muss. Er ist herrlich mineralisch und voll entwickelt. Dunkle Früchte, wie Pflaumen und exotische Gewürze, steigen im Glas auf. Irgendwie erinnert mich der „La Muse“ in diesem „singenden“ Stadium an einen anderen superben Merlot: den Masseto von der Tenuta dell’Ornellaia aus der Toskana.
Der 2002er „La Joie“ ist die Cabernet-dominierte Blend. Ein tiefgründiger, noch sehr fester Wein mit kühlem Kern und animierender Frische. Ein Klassiker mit reichlich Potenzial, der mich hundertprozentig überzeugt hat. Großer Stoff!
Der 2009er „Le Désir“ ist für mich der Gipfel des Trios, allerdings noch viel zu jung. Die Hauptrebsorte ist der Cabernet Franc mit seiner unvergleichlich würzigen Art. Das feine Aroma ist eine Melange aus Espresso, dunklem Cassis und schwarzem Pfeffer. Auf der Zunge hinterlässt er einen nicht enden wollenden Geschmack. Ein fester, unentwickelter Wein, der in 4-5 Jahren mehr Reife und damit auch Tiefe zeigen wird.
Der stolze Preis für diese Weine wird sicherlich einige Leser und Zuschauer entsetzen. Aber diese Weine spielen eben in der Champions League und sind damit auch gerechtfertigt. Ob man jemals soviel Geld für eine Flasche Wein ausgeben möchte ist wiederum ein andere Frage…