Wein am Limit - Hendrik Thoma
25.04.2012 - Folge 15

Besuch von Caro Maurer, der ersten deutschen „Master of Wine“, Teil 1

Weine im Video

Name des Weines Soulfaktor Preisspanne
2010 Corail Rosé
Château de Roquefort, Provence
Soulfaktor 3
0-10 Eur
2000 Rosé Gran Reserva
Viña Tondonia, Rioja
Soulfaktor 4
10-20 Eur

Caro Maurer hat im September 2011 ihre Prüfung zum „Master of Wine“ bestanden. Damit ist sie eine von vier Personen in Deutschland – und die erste weibliche MW (so das begehrte Kürzel im Jargon). Insgesamt gibt es auf der Welt ca. 300 Personen, die diesen Titel tragen. Vor allem Menschen aus dem Handel, Journalisten und auch einige Weingutbesitzer sind Träger dieses Titels.

Ich kenne Caro schon einige Jahre und schätze ihre Beiträge, u. a. in „Der Feinschmecker“, „Fine“ und anderen Publikationen. Sie ist keine Person, die sich hoch zu Ross durch die Weinwelt bewegt, sondern ein offener, bescheidener Mensch.

Das ist ein guter Grund, sich einmal mit Caro bei Wein am Limit vor die Kamera zu setzen. Denn eines ist mir immer von Grund auf peinlich: Viele Menschen halten mich für einen „Master of Wine“, obwohl ich ein Master Sommelier (MS) bin. Diese ebenfalls aus Britannien stammende Prüfung gilt der Gastronomie. Sie wird seit 1969 durchgeführt, und ca. 200 Personen weltweit haben sie geschafft. Allerdings hat der MW einen weitaus akademischeren Hintergrund. Der MS soll im Gegensatz dazu ein Meister seines Genres, dem Restaurantgeschäft, sein.

Wir verkosten zwei Roséweine, eine Kategorie, die bis vor einigen Jahren eher für Verlegenheitstrinker oder Unentschlossene galt. Das hat sich in den letzten Jahren gewaltig geändert. Ich behaupte, der Markt ist emanzipierter geworden. Leider hat jeder Hype auch einen unangenehmen Nebeneffekt: Heute gibt es mehr Schrott-Rosé als jemals zuvor. Nur die Produzenten, die ihn mit derselben Aufmerksamkeit und Leidenschaft wie ihre anderen Weine produzieren, sind über diesen Verdacht erhaben.

Der „Corail“ (das bezieht sich auf die rosa Farbe des Dottersacks der Jakobsmuschel) ist ein Wein aus fünf unterschiedlichen Rebsorten: Grenache, Syrah, Cinsault, Vermentino und Clairette (die letzten beiden sind weiß). Ein Klassiker der Provence. Würzig, duftig und mit einer angenehmen trockenen Frische. So kann Rosé eine köstliche Offenbarung sein.

Der 2000 Gran Reserva von Viña Tondonia-Lopez de Heredia ist ein ganz außergewöhnlicher Wein. Gekeltert aus den Rebsorten Garnacha, Tempranillo und Viura hat er viereinhalb Jahre im großen Holzfass zugebracht und ist der aktuelle im Handel erhältliche Rosé dieses Weinguts. Dieser extrem traditionalistische Erzeuger gilt als einer der letzten seiner Art. Hier gibt es keine Stahltanks und andere Neuerungen der Weinindustrie. Es sieht aus wie in einem Museum, ohne eines zu sein. Die Weine reifen extrem langsam in den alten Gemäuern von 1877, und nur wenig hat sich an der Weinbereitung von damals geändert. Wenn man möchte, ist Viña Tondonia der letzte Dinosaurier des Rioja. Das Bukett dieses kupferfarbenen Rosés erinnert an salzige Meeresluft, Bittermandel, Himbeere und Rhabarber. Am Gaumen hat er eine saftige frische Säure und ist richtig trocken. Das ist kein Rosé für den normalen Rosétrinker, aber eine tolle Erfahrung außerhalb des bekannten Geschmackskosmos.

Kommentare

15 Kommentare zu “Folge 15 : Besuch von Caro Maurer, der ersten deutschen „Master of Wine“, Teil 1

  1. Schön, dass Ihr Rosé probiert. Der erfährt tatsächlich nicht immer die richtige Wertschätzung. Nun eine Frage: Was war dein bisher prägendstes Rosé, Erlebnis, Hendrik? Was sind die Benchmark-Weine in dem Gebiet? Und wo steht deiner Meinung der deutsche Rosé im Vergleich? Gruß,Alex

    1. Lieber Alex, ich finde, es gibt hierzulande immer mehr bessere Rosé Weine. Allerdings steckt der Rosé qualitativ noch häufig in den Kinderschuhen. Viele machen spritzige frische saubere Rosé Weine, aber wirklich berührend…? Für mich sind Südfrankreich und Süditalien, auch Spanien (auch wenn es hier überdurchschnittlich viele belanglose Rosé gibt) federführend. Lasse mich aber gerne eines besseren von unseren deutschen Winzern belehren. War immer großer Fan von Salwey aus Baden und seinem Glottertaler Weissherbst (leider ist der Name WH nicht wirklich positiv behaftet).

      1. „Weissherbst“ hört sich wirklich nicht appetitanregend an, aber den Glottertaler setzte ich mal auf meine Probierliste. Was deutschen Rosé angeht, war ich mehrmals sehr angetan von Knipsers Clarette, die vor allem im Jahrgang 2010 unglaublich „schnittig“ daherkam, super zu scharfem Curry. Aber das beste Rosé-Erlebnis hatte ich vor kurzem mit einer Sonderedition von Fritz Becker/Schweigen, in Zusammenarbeit mit der „Weinentdeckungsgesellschft“: Ein Rosé der mit einer guten Dosis Feinhefe abgefüllt wurde: Gleichzeitig bissig wie der Jahrgang 2010 und cremig durch die Hefe. Hier habe ich darüber berichtet http://blindtastingclub.net/pfalz/friedrich-becker-ein-rose-ist-ein-rose-ist-ein-rose/ . Gruss

  2. Hallo Hendrik,
    toller Gast. Bin aber eigentlich gegen eine Frauenquote, da man jeden endlich nach seiner Qualifikation behandeln sollte. Dann könnte es aber durchaus passieren, dass mehr Frauen als Männer bei Dir zu Besuch wären. Fände ich auch ok, dann müßten sich die Männer einfach mal wieder mehr anstrengen. Auf Lorbeeren ausruhen ist nämlich absolut tötlich, was ich jetzt bei einen Urlaub in Frankreich wieder erfahren mußte. Sowohl kulinarisch, wie auch speziell von dem angebotenen Preisleistungsverhältnis beim Wein. Ich glaube, dass sich Deutschland hier überhaupt nicht mehr verstecken muß. Rosétechnisch hab´ich nicht so viel Erfahrung, werde aber versuchen mir die beiden Weine zu besorgen. Vom Deinem chinesischen Abenteuer abgesehen hat man ja noch keinen schlechten Wein bei Dir serviert bekommen. Gruß Ralf

  3. @Alex: Du fragst nach Benchmark-Rosés. Der beste Rosé, den ich zuletzt probiert habe, war der der Rosé der Domaine de l’Horizon von Thomas Teibert. Vergoren im Holz, hat nix mit den üblichen süffigen Rosés zu tun. Ähnlich wie der Tondonia ein Wein zum Reifen. Ganz großer Stoff. Gruß, Caro

  4. Hallo Hendrik & Caro, interessanter Beitrag, Mehr Frauen im Wein tut gut, meine Erfahrung: Frauen sind die besseren Verkoster. Rosé mag ich auch, im Wallis (CH) wird er aus Pinot Noir gemacht, währe mal was. Provence gibt es nicht nur Rosé. AOC Bandol ist für kräftige und fruchtbetonte Rotweine bekannt, welche aus den Rebsorten Mourvèdre, Grenache, Cinsault, Syrah und Carignan gemacht werden, welche man ja in vielen Rosés auch findet. Prost

  5. Habe noch nie einen Rosé getrunken, der mich wirklich begeistert hätte. Da bevorzuge ich eher einen Blanc de Noir, z.B. den extravaganten weißen Merlot von St.Antony in Rheinhessen, oder den champagnerhaften weißen Schwarzriesling der Lauffener Winzergenossenschaft (Baden). Nichtsdestotrotz würde ich gerne die hier verkosten Rosés probieren, besonders den Rioja! Letzterer wirkt wirklich verlockend. :-)

  6. Mein Favorit ist Pinot noir Rose‘ von Enderle und Moll aus Baden.Mineralisch,würzig und mit Ecken und Kanten.Einfach sehr gut gemacht !

  7. Hendrik, Hendrik, Hendrik, die Vergangenheit lässt dich nicht los … 9:31 … hier bei TVINO ? … ;-)

    Eine Sendung wo du mal die „großen Weine“ dieser Welt in Relation setzt, wäre toll. Wie z.B.:
    Zitat von Stuart Piggot:
    „Veenwouden Merlot schmeckt so geil, wie Chateaux Petrus in den besten Jahren!“

    Also mach weiter so …. Grüße aus Aachen

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