Wein am Limit - Hendrik Thoma
16.02.2014 - Folge 158

Charakterköpfe

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Weine im Video

Name des Weines Soulfaktor Preisspanne
2011 Chardonnay trocken
Weinhof Scheu, Pfalz
Soulfaktor 4
10-20 Eur

Liebe Walinauten,

wenn ein Sommelier und ein Winzer sich zusammen tun, um einen Wein zu keltern könnte man schnell einen Marketing-Gimmik dahinter vermuten.

Weit gefehlt. Es steckt mehr dahinter. Denn Jürgen Giesel war fast 10 Jahre lang Chef Sommelier im Wolfsburger Restaurant „Aqua“ im Hotel Ritz Carlton und kennt die internationale Weinwelt wie kaum ein anderer.
Klaus Scheu ist Winzer in Schweigen in der Pfalz und hat, wie viele Kollegen in diesem Weinbauort, seine Weinberge auf der elsässischen Seite in Frankreich. Er ist die junge Generation, die das Ruder fest in der Hand dieses aufstrebenden Familienbetriebes hat.

Der 2011er Chardonnay reift 9 Monate in zwei Barriques aus Pfälzer Eiche. Diese wiederum sind geküfert in Frankreich, von der Tonnellerie Quintessence. Dahinter steckt die Leidenschaft und die Liebe zum Detail, einen Wein in den Dimensionen der großen, weißen Burgunder zu keltern. Diese Gewächse sind für viele Weinfreunde der Ausdruck von größtmöglicher Geradlinigkeit.

Die beiden Charakterköpfe wählen dieselben Methoden, wie sie im Burgund üblich sind. Z.B. Die Batonnage -das Aufrühren des Hefesatzes im Fass- oder die Reben, die ausschließlich auf Muschelkalk gepflanzt wurden. Den Lesezeitpunkt haben sie bewusst etwas früher gewählt, um die Frische im Wein zu erhalten. In einem warmen Jahr wie 2011, war das die richtige Entscheidung, denn sonst wird so ein ausdrucksvoller Wein sehr schnell zu mastig und fett.

Der Wein hat eine bezaubernde Frucht und das Holz ist noch recht jung. Es wird wohl eine Weile dauern bis es integriert ist, aber dieser Stoff ist auch in 3-4 Jahren wohl erst so richtig genussfähig. Dann zeigt er mehr von seiner geradlinigen Mineralität und es kommen spannendere, komplexe Noten zum Vorschein. Im Geschmack hat er diese wunderbare, seidige Viskosität, wie sie die französischen Nachbarn entwickeln.

Dieser Chardonnay ist eine tolle Bereicherung für die deutsche Weinwelt und ein ernstgemeintes Produkt. Sicher, es ist nach einem Vorbild entstanden, aber bringt auch genügend Eigenständigkeit ins Glas. Schön zu sehen, wie gut Co-work funktionieren kann.

Mehr Spass im Glas,

Hendrik

Kommentare

6 Kommentare zu “Folge 158 : Charakterköpfe

  1. Warum Winzer mit „kleinem Namen“? Immerhin ist hier doch die Familie des Entdeckers der Weinsorte „Scheurebe“ am Werk und hält dem Entdecker Philipp Cuntz mit einem nach ihm benannten Wein die Ehre.
    Hab dort vergangenes Jahr nicht nur den Philip Cuntz sondern auch ein paar andere Weine gekauft und getrunken. 4 Flaschen je 2x Riesling und 2x Scheurebe – Preis pro Flasche um die 5,- EUR – sauberer, erfrischender, angenehm zu trinkender Wein. Die waren natürlich auch alle noch viel zu jung, aber geschmacklich einwandfrei.

    1. Die Sorte Scheurebe (auch Sämling 88 genannt, da der 88. Sämling dieses Ergebnis gebracht hat) wurde 1916 von Georg Scheu gezüchtet und es handelt sich nach seinen Angaben um eine Neuzüchtung aus Riesling mal Sylvaner, doch aus DNA-Analysen hat sich ergeben, dass es sich um eine Züchtung aus Riesling mal Bukettraube (wiederum eine Züchtung aus Sylvaner mal Trollinger) handelt.
      Laut Angaben des Weingut ist die Sorte aus der, der Wein „Philipp Cuntz“ gekeltert wird eine Selektion eines einzelnen Rebstock aus dem Weinberg des Grossvaters (darum auch der Name des Weins), die bis heute noch nicht einer Sorte zugeordnet werden konnte.
      Mich persönlich hätte eine Degustation dieses Weines sehr interessiert, zumal es sich um eine Einzigartigkeit in Deutschland handelt!!!
      Und für dieses Format geradezu prädestiniert gewesen wäre!
      Die Sendung hätte für meinen Geschmack länger dauern dürfen und 2-3 Weine beinhalten können.
      Danke trotzdem für eine horizonterweiternde Sendung.

      1. Hab meine Notizen zu dem Philipp Cuntz Wein wieder gefunden: den Philipp Cuntz hab ich zunächst in den Kühlschrank gestellt und 24 Stunden später probiert. Im Mund sofort frische, angenehme Säure die im Gleichgewicht zur Frucht und dem vollen Mundgefühl stand. Da schmeckte kein Alkoholgeschmack hervor, ein Maul voll Wein. Da war jemand am Werk der das genau so haben wollte. Mir war das zu sehr den Mund füllend, die Frucht erinnerte mich an das oft zitierte Eisbonbon oder an einen frisch gemachten Fruchtsaft – gelbe Pflaumen vielleicht – so in etwa die Richtung, insgesamt zuviel „Bonbon“ und „Parfüm“ für mich.

  2. Hallo zusammen,
    als quasi Nachbar (5km) war die Folge natürlich besonders interessant für mich. Da sieht man mal welches Potenzial (Reben und Kompetenz) wir in unserer Südpfalz inzwischen besitzen. Der Wein hat mich neugierig gemacht, da ich auch eher zu Riesling tendiere und mir die meisten Chardonay einfach zu „fett“ sind. Besonders die höheren Qualitätsstufen gehen in die Richtung und werden schnell langweilig.
    Bin mal gespannt.
    LG
    Tobias

  3. Finde den Ansatz aus der Kombination von Winzer+Sommelier grundsätzlich ein spannendes Wein-Ergebnis produzieren zu wollen genau richtig. Denn der Geschmackshorizont eines Winzers reicht oft nicht an die Geschmacks- und Eigenschaftsbibliothek eines erfahrenen Sommeliers heran. Im Idealfall kann der Winzer profitieren und gemeinsam können Zusammenhänge vom fertigem Geschmacksbild oder der Zielstilistik und önologischer Methodik erarbeitet werden.
    Viel zu wenige deutsche Winzer schauen über den Tellerrand hinaus, leider!
    Chardonnay: nicht umsonst eine Traube mit Weltruhm. Erzielt sie doch abhängig von Herkunft und Winzer solch starke Unterschiede wie Tag und Nacht. Das burgundische Vorbild hat jedoch längst in allen Teilen der Welt Einzug erhalten. Dabei hat der fettere karamellige Charakter aus der neuen Welt oder dem Geschnacksbild der 90er ebenso noch seine Berechtigung. Es gibt eben wenige WW-Trauben, die sich so perfekt mit Holzeinsatz vermählen wie Chardonnay. Nicht umsonst entstehen die großen WW der alten Welt aus ihr (Burgund/Champagne). Ich sag immer, wer Chardonnay ablehnt (a.b.c.), der hat noch keinen guten getrunken!
    Dennoch, die Winzerkunst macht’s möglich: Californischer Chardonnay, der wie Burgund schmeckt, deutscher Chardonnay, der Neuseeland schmeckt. Anything goes.

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