Liebe Walinauten,
seit hunderten Millionen Jahren gibt es Vulkane auf unserer Erde. Einer der bekanntesten ist der Ätna, der meist von einer Rauchwolke umgeben ist und immer wieder Lava und Asche spuckt. In seinem Umfeld hat sich eine Jahrtausende alte Weinkultur gebildet. Die ältesten Weinberge und -reben in den sogenannten Contrada – so heißen die einzelnen Anbaugebiete rund um den Ätna – sind um die 200 Jahre alt. Dort zeigt sich die ganze Vielfalt und auch das Extreme der Vulkanweine.
Der Weinbau rund um den Ätna gehört zum Eindrucksvollsten weltweit. Immerhin ziehen sich die Weinberge bis auf 1.300 Meter Höhe und sind meist schon vor Jahrhunderten mit Trockenmauern terrassiert worden, um die Lava-Asche in den Weinbergen zu halten. Die Reben stehen an Pfählen als Buschreben – dort heißt diese Erziehungsform Alberello. Die Bodenbeschaffenheit rund um den Ätna ist äußerst komplex. Auf einem Kalksteinsockel hat sich im Laufe der Zeit eine Basaltschicht gebildet, und darüber befinden sich viele unterschiedliche Lavaschichten, die wiederum unterschiedliche Ausprägungen haben.
Wer bewirtschaftet so ein Gebiet der Extreme?
Einer, den es von einer anderen Vulkaninsel nach Sizilien verschlagen hat, ist Eduardo Torres Acosta. Er stammt von den Kanarischen Inseln, wo er ursprünglich ein kleines Stück Land beackert hat. Mit viel stolz hat mich Eduardo bei meinem letzten Besuch darauf hingewiesen, dass der 3. höchste Vulkan der Erde, der Teyde mit 3750m, auf seiner Heimatinsel Teneriffa liegt. Er ist also ein Kind der Vulkane, wenn man so will. Um mehr zu lernen, ging er 2012 nach Sizilien und heuerte bei der berühmten Arianna Occhipinti an. Schnell ist er diesem einzigartigen und extremen Weinbau erlegen und konnte einige hervorragende, hochgelegene Parzellen erwerben. Sie liegen im Norden, weshalb die Weine auch Versante Nord heißen. Die Parzellen befinden sich auf einer Höhe von 550 bis 700 Metern und sind mit rund 50 Jahre alten Gemischten Sätzen bestockt, bei denen der Nerello Mascalese rund 80 % ausmacht. Seit 2018 besitzt Eduardo Torres Acosta ein eigenes Garagenweingut am Ätna, weshalb seine künftigen Weine wohl auch DOC-Status haben werden. Uns hat die unbändige Energie und Frische bei gleichzeitiger Eleganz und Tiefe direkt in den Bann gezogen. Eduardos rote Nerello-Weine sind Vulkanier par excellence.
Wie schmeckt der Stoff?
Eduardos Weine sind elegant, pur und straff. Zum einen sind es die nicht unerheblichen Höhenmeter, die eine kühle Frische erzeugen, zum anderen lässt der Ausbau in großen Gebinden aus Holz und Beton den Weinen Platz zur Entfaltung. In diesem kleinen wohnzimmerartigen Keller ist alles auf das wesentliche reduziert. Auch im Weinberg zeigt sich, dass es zusammen mit der Natur besser geht als umgekehrt. Es sind intakte kleine botanische Wildgärten, die eine Vielzahl an Insekten und Kräutern beherbergen. Eduardo nimmt auch Stiele und Stengel zur Vergärung, die dem Wein herbe, phenolische Noten und Reifepotential verleihen. Die markant-salzige Mineralität und das gefühlvoll umgesetzte Handwerk für seine Weine ergeben einen präzisen Herkunftscharakter. Hier stimmt der Vergleich, der immer wieder erwähnt wird: „Der Etna ist das Burgund Italiens!“
Ich wünsche Euch mehr vulkanischen Spaß im Glas,
Euer Hendrik
